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Notlösung für italienische Strände

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Umwelt. Italiens Strände schrumpfen, denn der steigende Meeresspiegel schwemmt ihren Sand davon. Aus dem norditalienischen Binnenland kommt die Rettung: Eine Müllverwertungsanlage bei Treviso stellt aus Restmüll Kunstsand her – desinfiziert, geruchlos und vergleichbar rieselnd.

Ein Strand bei Rom. Ein Strand, der noch vor wenigen Jahren bis zu 30 Meter breit war. Mit jedem Jahr wird er schmaler. Das langsam ansteigende Mittelmeer frisst den Sand auf, schwemmt ihn weg. Verzweifelt sucht man nach einer Lösung dieses Problems. Sand wird angekarrt und an den Stränden ausgekippt; auch grauer und schwarzer Sand, der in Italien nicht selten ist. Doch feiner und sauberer Sand wird in Italien immer teurer. Eine Lösung dieses Problems bietet das „Centro riciclo Vedelago“ in Norditalien bei Treviso: eine Müllverarbeitungsanlage der besonderen Art.

Bild: Stock.XCHNG / Ulrik De Wachter

Direktorin und Forschungsleiterin ist Carla Poli: „Das hier ist ein Ort, an dem aus Müll Sand wird. Feiner, sauberer Sand, der sich verschiedenfach einsetzen lässt. Wir haben eine Methode entwickelt, mit der künstlicher Sand produziert wird. Extrem kostengünstig und umweltfreundlich“

Die hochmoderne Müllverarbeitungsanlage nutzt zur Sandproduktion Haushalts- und Industriemüll aus der Umgebung von Treviso. Lastwagen karren diesen Müll an. Für ihre Sandproduktion nutzt Carla Poli neben Sortierrobotern mit Transportierbändern, Windmaschinen, Magneten und verschiedenen Mühlen auch Handarbeit. Per Hand werden brauchbare Kleidungsstücke, elektronische Geräte wie Handys und wiederverwertbares Glas sowie Papier aussortiert und anderweitig wiederverwertet. Ausgesondert werden auch intensivfarbige Plastikmaterialen, denn der zukünftige Sand darf nicht zu rot oder zu grün sein oder eine Farbe haben, die mit Sand nichts zu tun hat. Nach diesen ersten Sortiervorgängen bleiben zirka 20 bis 30 Prozent Müll auf den Transportbändern liegen. Dieser Rest kann nun zu synthetischem Sand verarbeitet werden. Dafür wird in verschiedenen Mühlen zerkleinert, abermals sortiert und wieder zermahlen – bis auf eine Größe von circa fünf Millimeter Durchmesser.

Carla Poli: „Dieser Ort hier unterscheidet sich nur wenig von anderen Müllverwertungsanlagen, nur dass wir ganz gezielt künstlichen Sand herstellen, ein Material, das vor allem in der Bauindustrie Verwendung findet. So werden die zerkleinerten Reste mehrfach auf bis zu 200 Grad erhitzt und dabei immer wieder sterilisiert. So können wir sicher sein, dass das Endmaterial keine Dioxinrückstände mehr enthält. Mit jedem Arbeitsschritt nehmen die zerkleinerten Reste eine fast runde Form an, so wie man sich halt Sandkörner vorstellt“.

Wichtig ist für die Sandproduktion, dass keine Metallreste mit verarbeitet werden. So durchläuft der zerkleinerte Müll weitere Sortiermaschinen. An den Innenwänden dieser Maschinen sind Magneten an sich ständig drehenden Rollen befestigt. Mit mehr als 150 Umdrehungen pro Sekunden werden drehende Magnetfelder zur Partikeltrennung erzeugt, die auch kleinste Metallrückstände aufspüren und entfernen. Der Restmüll durchläuft dann nicht nur zwei weitere Desinfizierungsanlagen, sondern auch Zerkleinerungsmühlen. Sie bestehen aus zwei Flächen, in denen der Restmüll solange gegeneinander gerieben wird, dass er zu einer Art rundem Granulat wird – mit einer Größe von einem halben bis maximal einem Millimeter. Das sind dann auch die Endgrößen des synthetischen Sandes. Man spricht in diesem Fall von Mittel- und Grobsand. Das auf diese Weise entstandene Endmaterial ähnelt dem strandüblichen Lockergestein aus Mineralkörnern auf verblüffende Weise. Zum Einsatz kommt es bisher vor allem als Bauzuschlagsstoff, zum Beispiel im Straßen- und Gebäudebau. Der immer kostspieliger werdende Natursand kann durch Carla Polis synthetisches, grau, schwarz und braun schimmerndes Produkt ersetzt werden. Zu einem Preis, der rund zwei Drittel unter dem des Natursandes liegt. Der kostengünstige und umweltfreundliche Kunstsand aus Nordostitalien kann aber auch an Stränden eingesetzt werden. Allerdings nur dann, wenn er grobkörnig ist, um vom Wind nicht weggeweht zu werden.

Quelle: Deutschlandfunk 15.01.2009 von Thomas Migge

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