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Auswirkungen von Feinstaub und Verkehrsbelastungen auf die Gesundheit

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Zwei neue Publikationen zur Sterblichkeit und zu Atemwegserkrankungen bei 4.800 Frauen aus Nordrhein Westfalen

In der Septemberausgabe der wissen­schaftlichen Zeitschrift „Epidemiology“ ist eine wichtige Arbeit zu Auswirkungen von Feinstaub und Verkehrsbelastungen auf die Sterblichkeil in Deutschland er­schienen. Diese neuen Ergebnisse unter­stützen eine vor kurzem publizierte Arbeit zum Auftreten von Atemwegserkrankun­gen. Angesichts dieser Datenlage ist es völlig unverständlich, dass derzeit im Europäischen Parlament versucht wird, die PM10 (Homepage-Redaktion: Feinstaub bis 10µm) Grenzwerte lockern. Hiergegen protestieren Wissenschaftler aus aller Welt mit einer Deklaration, die in Mün­chen und Paris verabschiedet wurde.

Ausgangslage der Studien

In den Jahren 1985 bis 1994 wurde in mehreren Regionen von Nordrhein-Westfalen der Gesundheitszustand von Frauen im Alter von 55 Jahren in Hin­blick auf den Einfluss von Umweltbelas­tungen untersucht. Für 4800 dieser Frauen wurden 2002 bis 2005 die Daten zur Sterblichkeit, zu chronischen Atem­wegserkrankungen und zur Lungen­funktion analysiert. Diese Auswertun­gen erfolgten federführend durch die Epidemiologen Prof. Dr. Dr. H.-Erich Wichmann und Dr. Joachim Heinrich vom GSF-Forschungszentrum für Um­welt und Gesundheit und PD Dr. Ursula Krämer vom Institut für Umweltmedizi­nische Forschung Düsseldorf. Die Studien wurde zu wesentlichen Teilen durch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Ver­braucherschutz des Landes NRW finan­ziert und durch das Landesumweltamt NRW unterstützt.

1. Sterblichkeit

Große amerikanische Studien zeigen dass die Sterblichkeit von Personen ansteigt, wenn sie über einen längeren Zeitraum gegenüber Feinstaub exponiert sind. Aus Europa gibt es ferner Hinweise, dass das Wohnen in der Nähe stark befahrener Straßen dieses Risiko besonders erhöht. Diese Fragestellung wurde jetzt erstmals in Deutschland untersucht.

Methodik: Grundlage der Studie ist eine nordrhein-westfälische Kohorte von ungefähr 4800 Frauen, die in den Jahren 1985 bis 1994 im Alter von 50 bis 59 Jah­ren an einer Basisuntersuchung teilge­nommen haben. Mit Genehmigung des zuständigen Datenschutzbeauftragten wurde ermittelt, welche dieser Frauen mit welchen Todesursachen bis Ende 2002 verstorben waren. Die Exposition gegenüber Luftschadstoffen wurde zum einen über Mittelwerte der Immissions­konzentrationen von PM10 und N02 definiert, zum anderen über den Abstand der Wohnung von stark befahrenen Stra­ßen (mehr als 10.000 Fahrzeuge pro Tag). In den statistischen Analysen wurde für Rauchen und Sozialstatus adjustiert.

Ergebnisse: Während der Beobach­tungszeit sind 8% der Frauen verstor­ben, davon 3 % an kardiopulmonaren Todesursachen, also an Erkrankungen des Herz-Kreislauf Systems oder der Atemwege. Es wurden Assoziationen gefunden zwischen kardiopulmonaler Sterblichkeit und dem Wohnen inner­halb eines 50 m Abstands von stark be­fahrenen Strassen. Die Sterblichkeit war hier um 70% erhöht. Bezogen auf die PM10 Jahresmittelwerte stieg die kar­diopulmonale Sterblichkeit pro 7 µg/m3 um 34% an. Für N02 betrug der Anstieg 57% bezogen auf 16 µg/m3. Alle Ergeb­nisse waren statistisch signifikant. Für andere Todesursachen wurde kein Zu­sammenhang gefunden. Die Jahresmit­telwerte betrugen 44 µg/m3 für PM10 (Grenzwert 40 µg/m3) und 48 µg / m3 für N02 (Grenzwert ebenfalls 40 µg/m3).

2. Atemwegserkrankungen und Lungenfunktion

Auch zum Einfluss von Luftschadstoffen auf Atemwegserkrankungen und die Lungenfunktion gibt es bisher in Deutschland nur Untersuchungen zu Kurzzeiteinflüssen. Erstmals wurden jetzt Langzeiteinflüsse untersucht.

Methodik: Grundlage der Studie ist dieselbe nordrhein-westfälische Frauen­kohorte, die Auswertung erfolgte in der gleichen Weise wie bei der Sterblichkeit. Ergebnisse: Die Häufigkeit (Präva­lenz) chronisch obstruktiver Atemwegs­erkrankungen (COPD) betrug 4,5 %. Die Atemwegserkrankungen und die Ein­schränkung der Lungenfunktion waren am stärksten mit PM10 und der Ver­kehrsbelastung assoziiert. Ein Anstieg des PM10 Mittelwertes um 7 µg/m3 war mit einem Anstieg der Prävalenz der COPD um 33 % assoziiert und das Wohnen im 100 m Abstand von stark befahrenen Strassen mit einem Anstieg um 79 %.

Schlussfolgerung beider Studien

Wohnen an stark befahrenen Straßen und chronische Exposition gegenüber PM10 und N02 stellen Risikofaktoren für das vermehrte Auftreten von Er­krankungen der Atemwege und Ein­schränkungen der Lungenfunktion dar. Darüber hinaus ist die Sterblichkeit an Erkrankungen des Herz-Kreislauf Sys­tems und der Atemwege bei den betrof­fenen Personen erhöht.

Deklaration für die Notwendigkeit strengerer Europäischer Regulationen für Luftschadstoffe

In einer gemeinsamen Erklärung haben Wissenschaftler der European Respira­tory Society (ERS), der International So­ciety for Environmental Epidemiology (ISEE) und der International Society for Exposure Assessment (ISEA) ihre Be­sorgnis über gegenwärtige Bestrebun­gen zum Ausdruck gebracht, die Grenz­werte für PM10 in der Europäischen Union zu verwässern: http://www.gsf.de/neu/Aktuelles/Presse/2006/pdf/Declaration.pdf

Literatur:

1.1.Ulrike Gehring,, Joachim Heinrich, Ursula Krämer.Veit Grote, Matthias Hochadel,Dorothea Sugiri, Martin Kraft, Knut Rauchfuss, Hans Georg Eberwein, H.-Erich Wichrnann: tong-term exposure to ambient air pollu-tion and cardiopulmonary mortality in women. Epide­miology, 2006 Sept 17(5): 545-51.

2.2.Tamara Schikowski, Dorothea Sugiri, Ulrich Ranft, Ul­rike Gehring, Joachim Heinrich, H.-Erich Wichmann, Ursula Krämer: Long-term air pollution exposure and li-ving dose to busy roads are associated with COPD in women. Respiratory Research 2005,6:152.

GSF- Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit
Quelle: Hyg Med 2006; 3) [11]

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