BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Deponie: Anwohner in Sorge

| Keine Kommentare

Staubanalyse aus der Nachbarschaft des Grauen Walls liefert alarmierende Werte giftiger Metalle

BREMERHAVEN. Dr. Friedrich Walz staunte nicht schlecht, als er am 19. April seine Zeitung aus der Rolle vor dem Haus in der Straße am Wurtacker holte: „Sowohl auf dem Zeitungsrohr als auch auf dem Briefkasten lag eine dicke Staubschicht.“ Sturm am Vortag, die Grauwall-Deponie in der Nachbarschaft – Gründe genug für den Biologen, den Staub auf seine Inhalte untersuchen zu lassen. Sein Fazit: „Der Staub müsste allein aufgrund der wenigen Analysewerte als Sondermüll entsorgt werden.“

Eine Flasche mit Rattengift, bei dem das giftige Metall Thallium Verwendung findet. Eine Untersuchung von Staub aus der Nachbarschaft der Grauwall-Deponie ergab erhöhte Werte mehrerer Metalle. Die Quelle des Staubs ist jedoch umstritten. Foto: Thiemer

Eine Flasche mit Rattengift, bei dem das giftige Metall Thallium Verwendung findet. Eine Untersuchung von Staub aus der Nachbarschaft der Grauwall-Deponie ergab erhöhte Werte mehrerer Metalle. Die Quelle des Staubs ist jedoch umstritten. Foto: Thiemer

„Sogar in die Lüftungsschlitze unserer Fenster war der Staub geweht worden“, erinnert sich Walz. „Das ist nicht normal“, habe er sich gedacht und Probenröhrchen, die der pensionierte Lehrer früher für den Schulunterricht benutzte, per Pinsel mit dem Staub befüllt. „Wir wohnen nur rund 800 Meter von der Müll-Deponie am Grauen Wall entfernt. Am Tag davor hatte es gestürmt. Ich wollte wissen, ob der Staub mit giftigen Stoffen belastet ist.“ Also ließ Walz die Proben in einem Labor im Fischereihafen untersuchen.

„Zwanzig Stoffe sind analysiert worden. Es ging bei der Untersuchung vor allem um die Konzentration der gefundenen Stoffe“, so Walz. Eine Woche dauerte es, bis er das Untersuchungsergebnis vorliegen hatte. „Die Werte waren erstaunlich und sind so keinesfalls in normalem Hausstaub zu finden“, zieht er Bilanz. Von acht als gesundheitlich bedenklichen Metallen, die in der Probe untersucht worden seien, hätten vier erhöhte Werte aufgewiesen: Kupfer, Blei, Arsen und Thallium, das auch als Rattengift benutzt wird.

Untersuchung durch die Umweltbehörde
Bei einer Bodenuntersuchung durch die Bremer Umweltbehörde im Jahr 1999 sei man beispielsweise beim Metall Kupfer von einer Belastungsgrenze von 100 Milligramm pro Kilogramm ausgegangen. „In unserem Staub fand sich eine Belastung von 187 Milligramm, also fast doppelt so viel“, sagt Walz. Beim Blei hatte die Umweltbehörde seinerzeit eine Belastungsgrenze vom 200 Milligramm pro Kilogramm angenommen. In dem Staub, den Walz untersuchen ließ, habe sich eine mehr als dreifache Blei-Konzentration von 667 Milligramm gefunden. Die Schmerzgrenze für Thallium lag bei der Umweltbehörde bei 0,3 Milligramm. In der Probe von Walz wurde dieser Grenzwert fast vierfach überschritten: Hier lag die Konzentration bei 1,1 Milligramm. Auch Arsen wurde mit 12,8 Milligramm gegenüber dem Grenzwert von 10 Milligramm überschritten.

Deponie-Anwohner Dr. Friedrich Walz. Foto: Archiv

Deponie-Anwohner Dr. Friedrich Walz. Foto: Archiv

Walz vermutet, dass die erhöhten Werte aus Abwehungen von der Deponie resultieren und verständigte das Gewerbeaufsichtsamt. Dessen Mitarbeiter nahmen zwei weitere Proben direkt auf der Deponie. „Ein Vergleich der Zusammensetzung und Konzentration der Inhaltsstoffe aller Proben hat ergeben, dass die Proben von Herrn Walz mit Sicherheit nicht aus einer natürlichen Quelle kommen und möglicherweise von der Deponie stammen“, beschreibt Dr. Sabine Hanisch, Geowissenschaftlerin und Vorstandsmitglied der Bürgerinitiative gegen die Erweiterung der Mülldeponie (Bikeg). Für beide liegt der Verdacht, dass es sich bei den Stäuben auf dem Grundstück von Walz um giftige Abwehungen handelt, auf der Hand. „Das Gewerbeaufsichtsamt jedoch hat mir gesagt, dass an dem entsprechenden Tag die Windböen aus Südwest gekommen und mein Grundstück deswegen nicht in der Windrichtung gelegen habe“, sagt Walz.

Eine These, die nach Ansicht von Sabine Hanisch nicht haltbar ist: „Die Wetterdaten vom 18. April zeigen, dass die stärksten Windböen mit der Stärke 6,8 bis 11,5 Metern pro Sekunde aus westlicher Richtung kamen, so dass das östlich von der Deponie gelegene Grundstück von Familie Walz kaum in sicherer Entfernung von möglichen Abwehungen lag“, sagt sie. „Meiner Meinung nach belegt das Ganze eindeutig, dass es giftige Abwehungen von der Deponie auf die umliegenden Grundstücke gibt“, so Bikeg-Vorsitzender Günter Flißikowski. Zurzeit klagt die Bürgerinitiative gegen die Erweiterung der Grauwall-Deponie (das SJ berichtete).

MEINE MEINUNG
von Christian Heske

Staubmessstellen könnten die Fragen klären
Eine privat in Auftrag gegebene Untersuchung von Staubproben erfüllt nicht die Standards einer offiziellen Analyse. Daher sind die Messergebnisse aus der Nachbarschaft mit Vorsicht zu betrachten. Ernst nehmen sollte man sie mit Blick auf die geplante Erhöhung der Deponie trotzdem. Bereits im Februar 2012 hatte die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, für die Dauer von drei Jahren Staubmessstellen einzurichten. Doch die Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG) als Deponiebetreiberin hat die Finanzierung der Messungen mit Verweis auf das von der Bürgerinitiative gegen die Erhöhung angestrengte Gerichtsverfahren vorerst abgelehnt. Überzeugender wäre es, mit unproblematischen Messergebnissen zu argumentieren.

Quelle: Sonntagsjournal vom 07.07.2013 von Andrea Lammers

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.