BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Bohrschlamm bedroht Böden

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Niedersachsen steht vor Entsorgungsproblem / Millionen Tonnen verseuchter Rückstände

Hannover. Sie enthalten giftige Schwermetalle wie Arsen und Quecksilber, krebserregende polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und auch radioaktives Radium 226: Millionen Tonnen Bohrschlämme aus der Erdöl- und Erdgasförderung gefährden Grundwasser, Böden und Natur.
Jetzt steht Niedersachsen als Hauptförderland vor einem riesigen Entsorgungsproblem.

Eine der typischen „Pferdekopf-Nicker“-Förderpumpen im Ölfeld Rühle im Emsland. Foto: DPA

Eine der typischen „Pferdekopf-Nicker“-Förderpumpen im Ölfeld Rühle im Emsland. Foto: DPA

Das Land verfügt seit elf Jahren über keine eigenen geeigneten Deponien der Klasse III mehr, damals wurde die Deponie Hoheneggelsen (Landkreis Hildesheim) geschlossen. Die dunkle, schmierige Masse wird seither in andere Bundesländer und in die Niederlande gekarrt. Doch im ebenfalls rotgrün regierten NordrheinWestfalen, wohin ein Großteil der Schlammfrachten fließt, regt sich inzwischen heftiger Widerstand gegen die Transporte.

„Dieser Giftmülltourismus muss aufhören“, fordert der linke Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel im seltenen Einklang mit der CDU im Rhein-Erft-Kreis. Dort liegt die Sondermüll Deponie Hürth-Knappsack, die in den vergangenen zehn Jahren 330.000 Tonnen Bohrschlamm aus sanierten Lagerstätten in Niedersachsen aufgenommen hat. „Dass man, um einen schnellen Euro zu verdienen, hier solche Mengen von schwierigen Abfällen deponiert, ist nicht in Ordnung“, kritisierte der örtliche Unions Fraktionschef Willi Zylajew im Westdeutschen Rundfunk. „Wir wollen nicht die Müllkippe der Nation werden.“

Auf das Verursacherprinzip pocht auch der NRW Geschäftsführer des Umweltverbandes BUND, Dirk Jansen. „Niedersachsen profitiert wirtschaftlich von der Erdgasförderung, kippt den Sondermüll aber anderen vor die Haustür.“ Das Land kassiert von den Öl- und Gas Unternehmen eine satte Förderabgabe; diese betrug laut Finanzministerium 2014 rund 509 Millionen Euro, im vorigen Jahr noch knapp 300 Millionen Euro; ein Großteil davon fließt allerdings in den Länderfinanzausgleich. Die Transporte seien und die Einlagerungen auf den NRW Deponien seien zwar rechtskonform, gibt Jansen zu. Dennoch müsse Düsseldorfs grüner Umweltminister Johannes Remmel bei seinem grünen Kollegen Stefan Wenzel in Hannover für einen Stopp sorgen und auf eine eigene Versorgung drängen.

Bei Rot-Grün in Niedersachsen zeigt man sich über das Ansinnen irritiert. „Jahrelang haben die Deponien in NRW kräftig mit der Entsorgung verdient. Jetzt soll das wohl wegen der Landtagswahlen nicht mehr gelten“, wundert man sich in Regierungskreisen. Im Mai 2017 wird an Rhein und Ruhr ein neuer Landtag gewählt.

Mit dem gleichen Argument könne sich Niedersachsen im Übrigen dann auch den extremen Lasten durch radioaktive Abfälle der Atomindustrie verweigern. Über genaue Mengen kann das Umweltministerium in Hannover keine Angaben machen; dazu müsse die gemeinsam mit der Industrie ins Leben gerufene Untersuchungsgruppe erst eine genaue Übersicht der Schlammgruben erstellen.

Bis in die Sechzigerjahre hinein wurden die Rückstände einfach neben jeder Tiefbohrung in den Boden gekippt. Rund 500 solcher „Verdachtsfälle“ listet das Landesbergamt auf. In den 1980erJahren wurden dann zentrale Bohrspülungsdeponien genehmigt, die in Rühlermoor (Landkreis Emsland) stellte als letzte vor ziemlich genau einem Jahr ihren Betrieb ein. Insgesamt 40 dieser stillgelegten Lagerstätten stehen unter Aufsicht des Landesbergamts, sie werden derzeit saniert.

Weitgehend abgeschlossen sind die Arbeiten in Emlichheim, Eydelstedt und Wietingsmoor. Allein an diesen drei Stellen fielen über 700.000 Tonnen Giftschlamm an. Bohrrückstände aus der laufenden Produktion werden laut Umweltministerium chemisch-physikalisch in Sonderabfallentsorgungsanlagen aufbereitet und danach entweder thermisch behandelt oder auf Deponien beseitigt.

Brisanz gewinnt die Diskussion durch die umstrittene Fördermethode Fracking, bei der Gas mit hohem Druck und Chemikalieneinsatz aus Schiefergestein gelöst wird. Bei jeder neuen Bohrung fielen mehrere hundert Tonnen Schlammrückstand an, rechnet BUND Umweltschützer Jansen vor. Da entstünde bei dem von der Industrie prognostizierten Potenzial von 48.000 Fracks ein riesiger Berg an Sondermüll. Diese Giftmenge, so seine Prognose, sei dann endgültig unbeherrschbar.

Quelle: Weser Kurier vom 02.04.2016 von Peter Mlodoch

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