BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Keine Erkenntnisse, dass Driftsethe für die Aufnahme vorgesehen wäre

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Das Interview: Umweltminister Stefan Wenzel zum KKU-Rückbau und der geplanten Bauschutt-Deponie

Das Unternehmen Eon strebt derzeit die Genehmigung des Rückbaus des AKWs Unterweser im Landkreis Wesermarsch an.
Dabei muss ein Standort für Bauschutt gefunden werden, der nicht verstrahlt ist. Unabhängig davon läuft ein Genehmigungsverfahren für eine Bauschuttdeponie in der Gemeinde Hagen. Die Bürger befürchten nun, dass mittelfristig für Deponien freigegebener AKW-Bauschutt auf der Deponie landen könnte. Die Ängste sind groß. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) geht im Interview mit Jens Gehrke auf die wichtigsten Themen ein.

Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sieht unter anderem einen städtebaulichen Vertrag zwischen der Gemeinde Hagen im Bremischen und dem Abbruchunternehmen Freimuth als Weg, um die Sorgen der Bürger auszuräumen. Foto Peter Steffen/dpa

Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sieht unter anderem einen städtebaulichen Vertrag zwischen der Gemeinde Hagen im Bremischen und dem Abbruchunternehmen Freimuth als Weg, um die Sorgen der Bürger auszuräumen. Foto Peter Steffen/dpa

Wie sieht eine mögliche Lösung für den freigemessenen Betonschutt des AKWs Unterweser aus? Wo soll er untergebracht werden? Zur Entsorgung des Bauschutts aus dem Atomkraftwerk Unterweser ist nach dem bundesweit geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz der örtlich zuständige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger mit den von ihm betriebenen oder beschickten Anlagen verantwortlich. Dies ist in diesem Fall der Landkreis Wesermarsch.

Wie wahrscheinlich ist es, dass freigemessener AKW-Bauschutt aus der Wesermarsch in einer in Planung befindlichen Bauschutt-Deponie in der Gemeinde Hagen gelagert werden könnte? Uns liegen keine Erkenntnisse dafür vor, dass die geplante Deponie in Driftsethe für die Aufnahme des Bauschutts aus dem Rückbau des KKW Unterweser vorgesehen wäre. Unabhängig davon könnten Betreiber und Gemeinde in einem öffentlich-echtlichen Vertrag die Festlegung treffen, dass derartiger Bauschutt nicht auf der Deponie eingelagert wird.

Warum ist der Einschluss von Altmeilern zumindest für einen mittleren Zeitraum keine Alternative? Nach den Regelungen des Atomgesetzes darf die E.ON Kernkraft GmbH als Betreiberin des Kernkraftwerks Unterweser (KKU) zwischen dem direkten Abbau der Anlage und dem sicheren Einschluss auswählen. Die E.ON Kernkraft GmbH hat sich im Fall des KKU auch aufgrund der Erfahrungen aus anderen eigenen Stilllegungsprojekten (Stilllegung und Abbau der Kernkraftwerke Stade und Würgassen) für den direkten Abbau entschieden und somit diese Stilllegungsstrategie bei der Beantragung von Stilllegung und Abbau des KKU zugrunde gelegt.

Die Bürger in der Gemeinde Hagen wollen keinen AKW-Bauschutt und auch keine neue Bauschutt-Deponie in ihrer Gemeinde. Wie begegnen Sie diesen Ängsten? Auf einer öffentlich zugänglichen Deponie der Klasse I werden Bauschutt, Straßenaufbruch, Aushubböden, Gleisschotter, Baustoffe auf Gipsbasis abgelagert, wie sie in jedem Landkreis bei Baumaßnahmen anfallen. Rund 90 Prozent dieser Abfälle werden recycelt oder verwertet. Die verbleibenden 10 Prozent können jedoch nicht verwertet werden und werden auf einer Deponie der Klasse I abgelagert. Die Sorgen der Bürger hinsichtlich der Ablagerung von Bauschutt aus dem Rückbau des KKU könnten zum Beispiel dadurch ausgeräumt werden, dass dieses durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Anlagenbetreiber definitiv ausgeschlossen würde.

Die Gemeinde Hagen im Bremischen spricht sich gegen die geplante Bauschuttdeponie der Firma Freimuth aus. Warum ist es wichtig, dass überhaupt neue Bauschuttdeponien der Klasse 1 in Niedersachsen entstehen? Nachdem bis zum Jahr 2009 die früher noch zugelassenen, ungedichteten Boden- und Bauschuttdeponien auf Grund der europäischen Deponierichtlinie geschlossen werden mussten, gibt es im Norden Niedersachsens einen erheblichen Mangel an zugelassenen Deponien der Klasse I. Deshalb besteht insbesondere in diesem Teil Niedersachsens ein erheblicher Bedarf an Anschlusskapazitäten. Die Vorhaltung von Bauschutt- und Bodendeponien ist grundsätzlich Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das Land fordert im Entwurf des Landesraumordnungsprogramms, dass Bauschutt- und Boden-Deponien dezentral vorgehalten werden sollten, um unnötigen Verkehr zu vermeiden. Der Landkreis Cuxhaven sieht ebenfalls Deponiebedarf in der Region, allerdings sieht er kein Bedürfnis für kommunal betriebene Anlagen.

Die Bürgerinitiativen „BI M.U.T“ und „BI Driftsethe gegen Deponien“ aus der Gemeinde Hagen im Bremischen wünschen immer wieder den Dialog mit dem Umweltminister. Wie könnte der aussehen? Natürlich besteht die Bereitschaft für ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiativen. Gesprächsangebote sind bislang nicht wahrgenommen worden. Über den Deponie-Antrag wird das Gewerbeaufsichtsamt nach einem Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung entscheiden. Gegenstand des Prüfvorgangs ist auch die vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigte Bauleitplanung der Gemeinde Hagen im Bremischen. Um ein nach allen Seiten unabhängiges Verfahren nicht zu gefährden, wird das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz in solchen Verfahren nicht parallel tätig, sondern beantwortet nur grundsätzliche Fragen. Alle Anwohner und Träger öffentlicher Belange sind berechtigt und aufgefordert, ihre Anliegen in das öffentliche Verfahren einzubringen, das vom Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg mit großer Offenheit geführt wird.


Zur Person› Stefan Wenzel ist geboren am 5. Mai 1962 in Nakskov/Dänemark, verheiratet, 3 Kinder.
› Studium der Agrarökonomie an der Georg-August-Universität in Göttingen.
› Viele Jahre aktiv in Anti-Atom-Initiativen. Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen seit 1986. Seit 1998 im Niedersächsischen Landtag.
› Von 2004 bis zum Jahr 2013 Fraktionsvorsitzender der Grünen/ Bündnis 90 im Landtag
› Seit 2013 ist Stefan Wenzel Umweltminister.


Verfahrensstand› Die Firma Freimuth hat am Standort Driftsethe die Ablagerung von Abfällen aus dem Baubereich beantragt.
› Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Bauschutt, Straßenaufbruch, Aushubböden, Gleisschotter und Baustoffe auf Gipsbasis. 13 Abfallschlüssel sind vorgesehen. Abfälle wie „Dämmmaterial und asbesthaltige Baustoffe“ sind nicht beantragt worden.
› Die Masse dieser Abfälle beträgt beim Rückbau eines AKWs rund 3000 bis 5000 Tonnen.
› Vom Verfahrensstand her befindet sich das Vorhaben in der Phase der Anhörung. Ein Erörterungstermin hat noch nicht stattgefunden.
› Zuständige Behörde für das Planfeststellungsverfahren ist das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg (GAA LG).

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 04.06.2016 von Jens Gehrke

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