BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Der Reaktor ist schon leer

| 1 Kommentar

Der Abbau des Kernkraftwerks Unterweser in Kleinensiel soll im nächsten Jahr beginnen

KREIS CUXHAVEN/KLEINENSIEL. Der Reaktor des Kernkraftwerks Unterweser in Kleinensiel ist leer, kein Brennelement mehr drin. Seit 2011 ist die Anlage abgeschaltet. 2017 soll der Rückbau beginnen. Doch die Arbeit im Werk geht weiter, wenn auch in kleinerer Besetzung. Die Sicherheit hat Priorität.

Ingenieur Dominic Ransby plant den Abbau. Im Abklingbecken hinter ihm schimmert die Aufhängevorrichtung im Wasser, an der die Brennelemente hängen. Fotos Fixy

Ingenieur Dominic Ransby plant den Abbau. Im Abklingbecken hinter ihm schimmert die Aufhängevorrichtung im Wasser, an der die Brennelemente hängen. Fotos Fixy

Obwohl der Reaktor nicht mehr einheizt; es ist warm in der Kugel aus Stahl mit dem Durchmesser von 55 Metern, deren oberster Teil, mit Beton überzogen, wie eine hell leuchtende Riesenkugel über der Wesermarsch thront. Wer ins Innerste, den Kontrollbereich mit dem Reaktor will, muss sich vorher richtig warm anziehen. Orangefarbener Overall, Helm, Kraftwerksschuhe und weiße Handschuhe als Krönung. Hinzu kommen zwei Dosimeter. Eins, auf dem man die Strahlenbelastung erkennen könnte, das andere für die Behörde, die jeden Schritt im Kraftwerk überwacht.

Strenge Verhaltensregeln
Schleusen und Sicherheitskontrollen müssen überwunden werden, bis man endlich vor Norbert Thümler steht, der einem die Hand entgegenstreckt. Er hat es auf das Objektiv des Fotoapparats abgesehen, dessen eventuelle radioaktive Belastung er messen will. Wer die Geste als Angebot zum Händeschütteln missversteht, hat eine der vielen, strengen Verhaltensregeln im Kontrollbereich noch nicht verinnerlicht: Handgeben und Essen sind strikt verboten. Erstes Gebot: Du sollst jede Kontamination vermeiden.

Dann kraxelt man hinauf ins Innere der Kugel, wo man in 25 Metern Höhe den abgedeckten, entkernten Reaktor und das Abklingbecken zu Füßen hat. Darin schlummern noch 204 Brennelemente in Borwasser. 193 Elemente würden eine Reaktorfüllung ergeben. Kaum zu glauben, dass man bei all diesen Sicherheitsvorkehrungen dort unten tief im Wasser abklingende Brennstäbe sehen kann. „Wasser schirmt am besten ab“, erklärt Dominic Ransby. Der Ingenieur ist jahrelang Schichtleiter gewesen, bis das Kraftwerk 2011 abgeschaltet wurde. Jetzt plant er den Rückbau mit einer Belegschaft, die sozialverträglich abgeschmolzen wurde, wie es heißt. Von einst 350 Mitarbeitern sind 200 Techniker geblieben. Dass E.ON Kernkraft Anfang Juli in Preussen Elektra umfirmiert wurde, habe keinen Einfluss, versichert die stellvertretende Werksleiterin Dr. Susanne Engstler.

Das Männeken auf dem Monitor zeigt, wie sich die Person in der Kontrollschleuse hinstellen soll. Ein Kinderspiel für Mitarbeiter Jörg Gaspar (Foto), gewöhnungsbedürftig für Besucher. Foto Fixy

Das Männeken auf dem Monitor zeigt, wie sich die Person in der Kontrollschleuse hinstellen soll. Ein Kinderspiel für Mitarbeiter Jörg Gaspar (Foto), gewöhnungsbedürftig für Besucher. Foto Fixy

Der erste Vorbote des Abbaus steht auch schon bereit in Gestalt einer 430 000 Euro teuren Freimessanlage. Darin soll nachgewiesen werden, welche Materialien unter dem Grenzwert von 10 Mikro-Sievert liegen und deponiert werden dürfen. Auf die Genehmigung zum Betrieb hofft man für Herbst. Grünes Licht für den Bau des Zwischenlagers wird ebenso wie die Abbaugenehmigung fürs kommende Jahr erwartet.

Um das Jahr 2020 soll die Anlage frei von Brennelementen sein. 27 beladene und 8 leere Castorbehälter stehen bereits im Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände. In einen Castor passen 19 Elemente. 80 Castor-Stellplätze sind genehmigt, 40 sollen besetzt werden. Kann das Kernkraftwerk Unterweser dann auch noch Castoren aus anderen Werken aufnehmen? Engstler: „Dafür fehlt die Genehmigung.“.


 
3 Fragen an . . .

Dr. Susanne Engstler, stellvertretende Kraftwerksleiterin Foto Fixy

Dr. Susanne Engstler, stellvertretende Kraftwerksleiterin Foto Fixy

In der Gemeinde Hagen befürchtet man, dass unverstrahlter Bauschutt aus dem Kernkraftwerk Unterweser (KKU) in der geplanten Bauschuttdeponie in Driftsethe gelagert werden könnte. Können Sie die Bedenken zerstreuen?
Wenn die Deponie geeignet wäre, könnte unser Bauschutt auch dort gelagert werden. Der Kreis Wesermarsch muss die Entsorgungskapazitäten vorsehen. Ich kann aber garantieren, dass dieser Bauschutt unbedenklich ist, denn 177 000 Tonnen der Gebäudemasse des Kraftwerks sind mit Radioaktivität nicht in Berührung gekommen. Dieser Abfall kann konventionell entsorgt und zum Beispiel als Recyclingmaterial im Straßenbau verwendet werden.

Welche Abfälle werden beim Rückbau außerdem anfallen?
Wir erwarten 13 000 Tonnen sogenannte Reststoffe, für die wir voraussichtlich die zweckgebundene Freigabe erwirken werden. Das heißt, dass dieses Material geringfügig radioaktiv ist und deponiert werden muss. Die maximal zulässige Strahlung liegt mit 10 Mikro-Sievert pro Person und Jahr weit unter der durchschnittlichen natürlichen Strahlung von 2100 Mikro-Sievert. Außerdem erwarten wir 3400 Tonnen radioaktiven Abfall. Mit dem unverstrahlten Bauschutt werden rund 193 000 Tonnen zu entsorgen sein.

Warum lassen Sie das KKU nicht unter einem Sarkophag verschwinden. Wäre das nicht die sicherste Lösung?
Nein. Wir hätten den sicheren Einschluss wählen können, damit würde der Abbau aber nur um 30 Jahre verschoben. Danach müsste rückgebaut werden. Wir befürchten, dass wir die Techniker, die Abbau können, in 30 Jahren nicht mehr hätten. (fix)


 
Zeitplan
› 6. September 1979: Beginn des Leistungsbetriebs.
› 18. März 2011: Ende des Leistungsbetriebs.
› 4. Mai 2012: Die E.ON Kernkraft GmbH beantragt die Genehmigung für Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Unterweser.
› 2017 bis 2026: Restbetrieb mit Abbau in zwei Phasen. Die zweite Phase beginnt um das Jahr 2020, wenn keine Brennelemente mehr in der Anlage sind.
› 2027: Entlassung aus dem Atomgesetz.
› 2027 bis 2028: Konventioneller Abriss.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 07.07.2016 von Barbara Fixy

Ein Kommentar

  1. Kommentar von Hans-Otto Meyer-Ott

    ein ähnlicher Artikel ist in der Kreiszeitung Wesermarsch (Tochter der NZ) erschienen. EON hatte eine Pressemitteilung gemacht.

    Festzuhalten wäre in Kurzfassung:

    a) Im Abklingbecken lagern noch 204 Brennelemente (und zum Teil defekte Brennelemente)
    b) EON beantragte mit dem Rückbau zu beginnen, obgleich noch bis 2020 Brennelemente im Reaktor sein sollen. Einer der 20 Dissens-Punkte vom Arbeitskreis Wesermarsch zu EON und NMU (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt) kritisiert genau das.
    c) Die Aussage von Frau Dr. Engstler (EON) „177 000 Tonnen der Gebäudemasse des Kraftwerks sind mit Radioaktivität nicht in Berührung gekommen“ ist falsch,
    genau wie ihre Aussage, dass der LK Wesermarsch die Entsorgungskapazitäten vorsehen muss.

    Die NZ sollte vorsichtiger mit Aussagen von EON (Jetzt Preußen Elektra) verfahren und sie erst einmal sachlich überprüfen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Hans-Otto Meyer-Ott für Arbeitskreis Wesermarsch (regionale BIs Umweltschutz)

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