BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Deponie-Beirat legt jetzt los

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Gremium für die Müllhalde Grauer Wall hat nun eine Geschäftsordnung – Bürgerinitiative unzufrieden

BREMERHAVEN. Die Ziele sind nicht gerade tief gesteckt: Für Transparenz und damit vor allem für Frieden soll der neue Deponie-Beirat für die Müllhalde Grauer Wall in Speckenbüttel sorgen. Zwischen Gegnern der Deponie sowie Betreiber und Behörden hatte es in der Vergangenheit oft Zwist gegeben. Die Geschäftsordnung des Beirats haben nun der Magistrat und der Deponie-Betreiber, die Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG), verabschiedet. Am Inhalt gibt’s gleich Kritik.

Stellen die Geschäftsordnung für den neuen Deponie-Beirat vor (von links): Umweltschutzamtsleiter Lutz Becker, BEG-Geschäftsführer Stefan Ketteler, Umweltstadträtin Dr. Susanne Benöhr-Laqueur (SPD) und Dr. Addissou Makonnen, ebenfalls BEG-Geschäftsführer. Foto Scheschonka

Stellen die Geschäftsordnung für den neuen Deponie-Beirat vor (von links): Umweltschutzamtsleiter Lutz Becker, BEG-Geschäftsführer Stefan Ketteler, Umweltstadträtin Dr. Susanne Benöhr-Laqueur (SPD) und Dr. Addissou Makonnen, ebenfalls BEG-Geschäftsführer. Foto Scheschonka

Mehr als ein Jahr ist es her, dass der Deponie-Beirat erstmals zur Sprache kam, Ende Juni 2015 im Rahmen der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU war das. Wieso es seither so lange gedauert hat, bis nun endlich die Geschäftsordnung vorliegt?

„Es hat nicht lange gedauert“, findet Umweltstadträtin Dr. Susanne Benöhr-Laqueur (SPD). „Zunächst musste ja die Stadtverordnetenversammlung den Auftrag dazu erteilen, den Beirat einzurichten“, ergänzt Lutz Becker, der Leiter des Umweltschutzamtes. „Diese Aufforderung gab es am 3. Dezember 2015.“ Beckers Behörde obliegt die Geschäftsführung des Beirats. Er erklärt die weitere Vorgehensweise.

Begrenzte Kompetenzen
„Im Deponie-Beirat werden 16 stimmberechtigte Akteure für je vier Jahre Amtszeit vertreten sein“, sagt Becker. „Diese schreiben wir nun an, um uns auf einen Termin für die erste Sitzung zu einigen. Sie wird wohl Ende September oder Anfang Oktober stattfinden.“ Danach solle der Beirat dann zweimal jährlich tagen. „Und zusätzlich dann, wenn es besondere Vorkommnisse geben sollte, etwa einen großen Brand auf der Deponie“, ergänzt Susanne Benöhr-Laqueur. Außerdem äußert sie sich zu den Kompetenzen des Beirats.Deponie-Beirat Grafik„Der Beirat dient in erster Linie dem Informationsaustausch und kann unverbindliche Stellungnahmen und Empfehlungen gegenüber dem Deponiebetreiber abgeben“, sagt die Stadträtin. „Der Beirat nimmt keine Aufgaben der Unternehmenssteuerung, Genehmigung oder Überwachung wahr.“ Also kein Veto-Recht für den Beirat?

„Nein, das geht auch rechtlich nicht, weil der Deponie-Betreiber ein privates Unternehmen ist, in das man nicht einfach hineinregieren kann.“ Dieses Unternehmen, die BEG, werde aber die Räume für die künftigen Treffen zur Verfügung stellen. Dabei seien dann nicht alle technischen Geräte erwünscht.

„Die Veranstaltungen sind insofern öffentlich, als dazu Vertreter von NORDSEE-ZEITUNG, Sonntagsjournal und Radio Bremen eingeladen werden“, sagt Benöhr-Laqueur. Die Reporter dürften aber nicht filmen. „Videoaufnahmen sind unzulässig. Ansonsten bräuchten wir dafür von jedem Teilnehmer eine Erlaubnis. Außerdem haben Kameras auch psychologische Effekte, die wir aus den Diskussionen heraushalten möchten.“ Die Dezernentin ergänzt: „Alle Beteiligten müssen sich klar darüber sein, dass sie sich Selbstdisziplin abverlangen müssen.“ BEG-Geschäftsführer Dr. Addissou Makonnen schlägt denn auch gleich einen versöhnlichen Ton an.

Er erklärt, wieso die BEG die Einrichtung des Beirates begrüßt: „Er gibt uns die Möglichkeit, den Dialog mit den Deponie-Kritikern zu versachlichen, die andere Seite besser verstehen zu lernen und darüber hinaus unsere eigene Arbeit transparent der Öffentlichkeit zu erklären.“ Erklärungen des Deponie-Beirats an diese Öffentlichkeit wird künftig Prof. Dr. Peter Adolphi abgeben.

Er soll Chef des Beirats werden. Der Geologe ist Geschäftsführer der Akademie für Nachhaltige Entwicklung Mecklenburg-Vorpommern in Güstrow und in Mecklenburg auch Vorsitzender des Deponie-Beirats Ihlenberg. „Dort hat er für eine Befriedung der Lager gesorgt“, sagt Amtsleiter Becker. Nun soll Adolphi auch den Bremerhavener Beirat leiten, neutral und ohne Stimmrecht. Bezahlt wird er von der Stadt – mit welcher Summe, sagt Stadträtin Benöhr-Laqueur nicht. Die übrigen Mitglieder erhalten kein Geld. Die laufenden Kosten des Beirats übernimmt das Umweltschutzamt. Was unter anderem dessen Leiter nun vorgestellt hat, trifft auf Kritik der Bürgerinitiative „Keine Erweiterung Grauer Wall“ (BIKEG).

BIKEG ist pessimistisch
Deren Vorsitzender Dr. Friedrich Walz begrüßt zwar, dass es die Geschäftsordnung für den Beirat nun gibt. „Aber der Prozess hat viel zu lange gedauert, wir betrachten das als Verschleppung.“ Er ergänzt: „In dem Papier steht, der Beirat solle Argwohn und Misstrauen gegenüber dem Deponie-Betreiber abbauen. Wir haben aber weder Argwohn noch Misstrauen – sondern zahlreiche Missstände dokumentiert, also berechtigte Einwände gegen den Deponie-Betrieb.“ Walz stößt sich an weiteren Punkten.

„Wir hätten uns gewünscht, dass jeder zu den Sitzungen des Beirats kommen kann.“ Zudem zeige dessen Zusammensetzung ein starkes Übergewicht gegen die Deponie-Kritiker. Walz resümiert: „Ich wage zu bezweifeln, dass wir in dem neuen Beirat Lösungen für den fragwürdigen Deponie-Betrieb finden werden, aber wir von der BIKEG werden sicher erst einmal daran teilnehmen.“

3 Fragen an Prof. Peter Adolphi

Prof. Peter Adolphi, Vorsitzender des Deponie-Beirats Ihlenberg

Prof. Peter Adolphi, Vorsitzender des Deponie-Beirats Ihlenberg Foto privat

› Wieso wurde für die Deponie Ihlenberg 2002 ein Beirat gegründet?
Der Beirat sollte eine geordnete Diskussion zwischen Deponiebetreiber, Behörden und Gegnern ermöglichen. Ich bin seit Ende 2012 Vorsitzender dieses Beirats.

› Wie hat sich die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure seither gewandelt?
Die zuvor häufig in den Medien und der Öffentlichkeit geführten Auseinandersetzungen um die Deponie Ihlenberg werden in den letzten Jahren im Wesentlichen innerhalb des Beirats als konstruktive Diskussion geführt. Die Deponiegegner erhalten viele Informationen, die für die Entscheidungsprozesse auf Seiten des Betreibers und der Behörden relevant sind. So werden Fehlinterpretationen aufgrund mangelnder Informationen minimiert und gleichzeitig Gestaltungsspielräume, wie beispielsweise bei der Initiierung der am Ihlenberg durchgeführten Gesundheitsstudien, eröffnet. Diese Studien wurden von den Behörden auf Drängen der örtlichen Bürgerinitiative im Beirat veranlasst und tragen sehr zur Versachlichung der Gespräche bei.

› Was sind die Erfolge des Beirats, was die Misserfolge?
Der größte Erfolg des Beirats ist die Versachlichung der Diskussionen. Insbesondere seit der Besetzung des Amtes des Vorsitzenden durch eine Person, die nicht der Behördenseite entstammt, ist es viel einfacher geworden, deeskalierend zu wirken. Der Beirat der Deponie Ihlenberg ist inzwischen bei allen Akteuren anerkannt und wird zum Informations- und Meinungsaustausch benutzt. Ein Misserfolg ist wohl, dass die Liste der noch zu behandelnden Themenkomplexe immer noch sehr lang ist. Damit ist bereits jetzt absehbar, dass wir noch Stoff für viele Beiratssitzungen haben werden. (cmb)

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 18.08.2016 von Christopher Beschnitt

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