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Arktische Tiefsee erstickt im Müll

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Awi-Forscher: Meereis könnte ein Transportmittel für Plastikabfall sein

Bremerhaven. Die Arktis hat ein Müllproblem. Innerhalb von zehn Jahren ist die Verschmutzung an einem Messpunkt in der arktischen Tiefsee um mehr als das 20-fache gestiegen. Dies ergab eine Studie von Wissenschaftlerinnen des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (Awi).

Der AWI-Hausgarten in der Framstraße: Das Tiefsee-Observatorium besteht aus 21 Messstationen zwischen Grönland und Spitzbergen. Grafik: Thomas Soltwe.

Der AWI-Hausgarten in der Framstraße: Das Tiefsee-Observatorium besteht aus 21 Messstationen zwischen Grönland und Spitzbergen. Grafik: Thomas Soltwe.

Plastiktüten, Glasscherben und Fischernetze: Trotz der Lage fernab von Ballungszentren nimmt die Müllmenge in der arktischen Tiefsee immer weiter zu und stellt somit eine dauerhafte Gefahr für das sensible Ökosystem dar.

Seit 2002 dokumentieren Awi-Wissenschaftlerinnen den Müll an zwei Messpunkten im sogenannten Awi-Hausgarten. Dabei handelt es sich um ein Tiefsee-Observatorium des Alfred-Wegener-Instituts, das aus 21 Messstationen in der Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen besteht. Die Ergebnisse der Langzeitstudie wurden nun in der Fachzeitschrift Deep-Sea Research I veröffentlicht. „Unsere Messreihe belegt, dass der Müll in der arktischen Tiefsee in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat“, sagt Erstautorin Mine Tekman.

Die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen haben an den beiden Messpunkten den Meeresgrund in einer Tiefe von 2500 Metern beobachtet. Dafür nutzten sie das ferngesteuerte Kamera-System OFOS (Ocean Floor Observation System). Seit Beginn der Messung haben sie auf insgesamt 7058 Fotos 89 Müllteile entdeckt. Da sie mit den Kameras nur ein relativ kleines Gebiet beobachten können, haben die Wissenschaftlerinnen die Mülldichte auf eine größere Fläche hochgerechnet. So kommen sie in dem Untersuchungszeitraum von 2002 bis 2014 auf einen Durchschnittswert von 3485 Müllteilen pro Quadratkilometer. Gerade in den vergangenen Jahren zeigt die Mülldichte allerdings einen deutlichen Aufwärtstrend.

Als die Wissenschaftlerinnen für 2011 eine Verschmutzung von 4959 Müllteilen pro Quadratkilometer ausgerechnet hatten, hofften sie noch, dass der hohe Wert ein Ausreißer sei. Doch die Mülldichte ist seitdem noch weiter angestiegen und erreichte im Jahr 2014 mit 6333 Müllstücken pro Quadratkilometer einen neuen Höchstwert.

Ein Plastikfetzen, der sich in einem Schwamm verfangen hat und mit Anemonen besiedelt ist. Er wurde bei Aufnahmen 2014 als auch 2016 in 2500 Meter Wassertiefe erfasst. Foto: AWI

Ein Plastikfetzen, der sich in einem Schwamm verfangen hat und mit Anemonen besiedelt ist. Er wurde bei Aufnahmen 2014 als auch 2016 in 2500 Meter Wassertiefe erfasst. Foto: AWI

Besonders dramatisch ist die Situation an der nördlicheren Messstation mit dem Namen N3. „Hier ist die Verschmutzung in den Jahren von 2004 bis 2014 um mehr als das zwanzigfache gestiegen“, sagt AWI-Biologin Mine Tekman. Betrachtet man nur die Ergebnisse des nördlichen Untersuchungsgebietes in der Eisrandzone, ergab die Messung im Jahr 2004 noch 346 Müllteile pro Quadratkilometer. Zehn Jahre später betrug die Mülldichte 8082 Teile pro Quadratkilometer. Damit ist die Belastung an dieser Stelle nahezu identisch mit der höchsten jemals gemessenen Mülldichte im östlich der Iberischen Halbinsel gelegenen Cap de Creus Canyon.

Die Wissenschaftlerinnen konnten unter den fotografierten Müllteilen vor allem Plastik und Glas ausmachen. Glas driftet nicht über größere Distanzen, sondern sinkt sofort an Ort und Stelle auf den Meeresgrund. Die Messreihe zeigt entsprechend, dass die Mülldichte in der arktischen Tiefsee mit der Intensivität der Schifffahrt in der Region zunimmt.

Die genaue Herkunft des Plastikmülls ist unbekannt
Über die genaue Herkunft des Plastikmülls lässt sich dagegen kaum etwas sagen. Unbestritten ist der Einfluss des Golfstroms auf die Verbreitung von Plastikmüll in der Arktis, der diese Teile aus den südlichen Atlantikregionen in die Framstraße transportiert. Allerdings haben die Autorinnen und Autoren des Artikels auch eine neue Theorie, wie das Plastik dorthin gekommen sein könnte. Ihre Beobachtungen zeigen einen Zusammenhang zwischen der Mülldichte und der Meereis-Ausdehnung im Sommer. „Das Meereis könnte demnach ein Transportmittel für Müll sein und diesen während der Schmelzperiode im untersuchten Gebiet freigeben“, sagt Tiefseebiologin Dr. Melanie Bergmann, Koautorin der Veröffentlichung.

Quelle: Sonntagsjournal vom 17.01.2017 von (SJ)

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