BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Bauschuttdeponie im Landkreis Cuxhaven

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Sitzungsvorlage Nr.: 227/2010
ausgefertigt am: 1. November 2010
Fachamt: Amt Bauaufsicht und Regionalplanung
– Ausschuss für Regionalplanung und Wirtschaft
– Kreisausschuss
zu beteiligende Gremien:
– Kreistag
Bauschuttdeponie im Landkreis Cuxhaven
hier: Sachstandsbericht

Die Antragskonferenz zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zur Errichtung einer Boden- und Bauschuttdeponie in Driftsethe, Samtgemeinde Hagen durch die Bodo Freimuth – Abbruch und Recycling GmbH Bülkau fand am 4.8.2010 statt.

Auf Grundlage eines Antrages der Bürgerfraktion vom 30.10.2009 auf Ausweisung von Vorrangstandorten und Aussetzung des Raumordnungsverfahrens, beschloss der Kreistag nach Beratung im Ausschuss für Regionalplanung und Wirtschaft und im Kreisausschuss am 23.6.2010: „Das Raumordnungsverfahren wird gemäß der rechtlichen Vorgaben abgearbeitet, die FNP-Änderung „Sondergebiet Erholung und Freizeit“ der SG Hagen wird ausdrücklich unterstützt. Der Landkreis Cuxhaven sieht keinen Bedarf für eine Bauschuttdeponie im Landkreis Cuxhaven.“

Das Raumordnungsverfahren wurde am 29.6.2010 mit Versand der Unterlagen eingeleitet. Die Unterlagen zum Raumordnungsverfahren lagen vom 24.8. – 24.9. zur Einsicht in Hagen aus. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist konnte sich jedermann zu dem Vorhaben äußern. Fristgemäß sind 250 Postkarten und 155 Briefe eingegangen.

Inhaltliche Schwerpunkte waren:
Verkehrsaufkommen, Unfallgefahr, Straßenschäden
Wertverlust der Immobilien,
Schadstoffbelastung, Gesundheitsgefährdung
Verlust der vorhandenen Renaturierung mit Uferschwalben
Grundwasserverschmutzung und -Absenkung
Zerstörung der Natur, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Landschaft,
Befürchtung, dass auch andere Abfälle eingelagert werden
Beeinträchtigung von Tourismus und Naherholung
Imageverlust
kein Bedarf für eine Deponie

Die 49. Änderung des Flächennutzungsplanes der Samtgemeinde Hagen hat der Landkreis Cuxhaven am 6.10.2010 genehmigt. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises Cuxhaven Nr. 38 vom 21.10.2010 wurde diese Änderung des Flächennutzungsplanes der Samtgemeinde Hagen vom 30.8.2010 wirksam. Die in dem Flächennutzungsplan für die Fläche der geplanten Deponie angestrebte Tourismus- und Freizeitnutzung bzw. Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft steht im Widerspruch zu der Errichtung einer Boden- und Bauschuttdeponie. Aus diesem Grunde hat der Landkreis Cuxhaven das Raumordnungsverfahren mit Schreiben vom 27.10.2010 eingestellt.

Die Planungshoheit der Gemeinde ist durch Art. 28 Grundgesetz besonders geschützt und von der Raumordnung sind die rechtskräftigen Bauleitplanungen der Gemeinde zu berücksichtigen. Der Bebauungsplan. Nr. 7 „Schatzgrube weißer Berg“ der Gemeinde Driftsethe, der die Aussagen des Flächennutzungsplanes auf dem Gelände der geplantes Deponie konkretisiert, befindet sich zur Zeit im Beteiligungsverfahren.

Die Genehmigungsfähigkeit der Deponie ist im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu klären. Zuständige Planfeststellungsbehörde ist das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg.

Bislang liegt dort ein Antrag auf Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für eine Deponie in Driftsethe nicht vor. Einzelheiten sind dem anliegenden Schreiben zu entnehmen.

Beschlussvorschlag:
Der Sachstandsbericht wird zur Kenntnis genommen.
I n V e r t r e t u n g
J o c h i m s e n

Quelle: Kreis Cuxhaven Sitzungsvorlage vom 01.11.2010

Schreiben des Gewerbeaufsichtsamts Lüneburg
Lüneburg 15.10.2010

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg
Behörde für Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutz
Christina Freifrau von Mirbach

Sehr geehrte Frau Puvogel,

mir liegt Ihre Anfrage durch Herrn Schemkes per Email vom 12.10.2010 vor. Gegenstand ist ein Zeitungsartikel in der NZ vom 09.10.2010. Die aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:

Die Genehmigungsfähigkeit einer Boden- und Bauschuttdeponie, wie in Driftsethe projektiert, ist im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens gem. § 31 Abs. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/ AbfG) zu klären. Zuständige Planfeststellungsbehörde ist das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg. Bislang liegt hier ein Antrag auf Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für eine Deponie in der Gemeinde Driftsethe nicht vor. Auch für einen anderen Deponiestandort in der nordwestlichen Region – etwa in Haaßel – ist ein Planfeststellungsverfahren hier nicht anhängig. Es hat erste Sondierungsgespräche zwischen dem Gewerbeaufsichtsamt und der Fa. Bodo Freimuth Abbruch & Recycling GmbH für den Standort Driftsethe sowie mit der Fa. Heinrich Kriethe Kaltrecycling GmbH gegeben. Deutliche Schwerpunkte lagen dabei auf deponiefachlichen Fragestellungen, die der ingenieurmäßigen Aufbereitung durch die Vorhabenträger bedürfen, sofern sie einen Planfeststellungsantrag hier einreichen möchten.

Insofern werde ich meinerseits nach wie vor zu dem Deponieprojekt in Driftsethe keine rechts-verbindliche Aussage treffen. Sollte ein Antrag auf ein Planfeststellungsverfahren gestellt werden, werden diverse Träger öffentlicher Belange sowie auch die Öffentlichkeit im Verfahren beteiligt und können dann ihre Belange vortragen. Eine Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit der Deponie in fachlicher und planungsrechtlicher Hinsicht treffe ich am Ende des Verfahrens und lasse mich insofern auch nicht etwa in einem Presseinterview präjudizieren. So ist auch sinngemäß meine – im übrigen journalistisch sehr verkürzt dargestellte – Aussage zu verstehen. Dies vorausgeschickt, gebe ich Ihnen einige allgemeine Hinweise zu den rechtlichen Rahmenbedingungen eines Planfeststellungsverfahrens für diese Deponie:

Ein Flächennutzungsplan stellt lediglich eine vorbereitende, grobe Bauleitplanung dar, die keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung entfaltet.

Auch das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung für ein Vorhaben. Die Genehmigungsfähigkeit eines Projektes wird ausschließlich im nachlaufenden konkreten Zulassungsverfahren geklärt und entschieden. Im Planfeststellungsverfahren für die Deponie sind die Belange der Raumordnung zu berücksichtigen. Sie sind allerdings ein öffentlicher Belang unter vielen anderen, die in die Abwägung einzustellen sind. Ob ein Vorhaben verwirklicht werden kann, beurteilt sich ausschließlich danach, ob es den Anforderungen des einschlägigen Fachgesetzes entspricht. Das einschlägige Fachgesetz ist in diesem Falle das KrW- / AbfG.

Zweck des KrW-/AbfG ist gem. § 1 neben der Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen. Ob gemessen an diesem Maßstab für die Deponie am Standort Driftsethe ein Bedarf besteht (Planrechtfertigung), der Standort geeignet ist und auch im übrigen die Anforderungen der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung erfüllt werden, wäre im Planfeststellungsverfahren zu prüfen. Die fachlichen Anforderungen an eine Deponie sind detailliert in der Deponieverordnung (DepV) geregelt. Insgesamt wird mit diesem dichten gesetzlichen und untergesetzlichen Regelwerk im Abfallrecht ein größtmögliches Maß an umweltverträglicher und bedarfsgerechter Abfallentsorgung gewährleistet.

Die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für den konkreten Standort – Belange der Raumordnung, Belange der Flächennutzungsplanung und Belange der verbindlichen Bauleitplanung – sind von der Planfeststellungsbehörde in ihre planerische Abwägungsentscheidung einzubeziehen. Dabei ist allerdings das für sämtliche Deponien von überörtlicher Bedeutung bestehende Fachplanungsprivileg des § 38 BauGB zu berücksichtigen. Die Deponie in Driftsethe würde von uns aller Voraussicht nach als eine solche Deponie mit überörtlicher Bedeutung angesehen. Ortsplanerische Belange und Anforderungen, besonders wenn sie in einem Bebauungsplan zum Ausdruck kommen, sind zwar als wesentlicher öffentlicher Belang in die Planungsentscheidung einzustellen. Aber eine Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde kann grundsätzlich im Ergebnis auch dazu führen, dass ein Bebauungsplan funktionslos und ein Planfeststellungsbeschluss gegen Festsetzungen eines Bebauungsplanes erteilt wird. Somit spielt der in einer verbindlichen Bauleitplanung (B – Plan) zum Ausdruck kommende Wille der Gemeinde Driftsethe – auch im Lichte der durch Art. 28 GG geschützten kommunalen Planungshoheit – eine erhebliche Rolle.

Welches Gewicht dem durch die Samtgemeinde Hagen mit dem Flächennutzungsplan und durch die bauplanungsrechtliche Veränderungssperre der Gemeinde Driftsethe zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach der Gestaltung einer Freizeit- und Erlebnislandschaft tatsächlich zukommt, würde ich dann zu gegebener Zeit im Rahmen einer Abwägungsentscheidung beurteilen. Gegenüber den ortsplanerischen Vorstellungen der Gemeinde Driftsethe wären jedenfalls vor allen Dingen die Belange der Abfallwirtschaftsplanung von mir zu berücksichtigen. Träger der Abfallwirtschaftsplanung ist in Niedersachsen das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz. In Sachen Abfallwirtschaftsplanung liegt zum einen ein Abfallwirtschaftsplan im Entwurf vor, der in der Region Cuxhaven, Rotenburg/ Wümme – im Nordwesten Niedersachsens – Bedarf für Boden- und Bauschuttdeponien der Deponieklasse 1 sieht. Außerdem liegt mir die Antwort des Umweltministeriums auf eine Landtagsanfrage vor (Anlage), die den Bedarf für mehrere Boden- und Bauschuttdeponien in der Region ebenfalls bekräftigt. Zur Beurteilung der bedarfsgerechten und umweltgerechten, allgemeinwohlverträglichen Abfallentsorgung im Hinblick auf die Planrechtfertigung der Deponie in Driftsethe würde ich auch eine Aussage des Landkreises Cuxhaven als dem zuständigen öffentlich – rechtlichen Entsorgungsträger verlangen. Dem Landkreis würde ich die Frage stellen, ob und ggf. wie er die Entsorgungspflicht für Boden- und Bauschuttabfälle in der Region ohne Unterstützung durch eine Deponie in privater Trägerschaft umweltverträglich sicherstellen würde – insbesondere angesichts des nicht (mehr) vorhandenen eigenen Deponieraumes.

Sehr geehrte Frau Puvogel: ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen zur Versachlichung und zur Differenziertheit in der Diskussion um das Für und Wider der Deponie am Standort Driftsethe beitragen kann. Abschließend bitte ich um Verständnis, dass ich aus nachvollziehbaren und von mir oben dargelegten Gründen eine Entscheidung oder auch eine bloße Prognoseeinschätzung angesichts der Komplexität eines Planfeststellungsverfahrens nicht vorwegnehme.

Eins kann ich Ihnen allerdings zusichern: Als Planfeststellungsbehörde verfolgen wir keinerlei Eigeninteressen — weder wirtschaftliche noch politische. Das gibt uns die Freiheit, unabhängig von wirtschaftlicher oder politischer Einflussnahme unvoreingenommen nach Recht und Gesetz Entscheidungen zu treffen und dabei die unterschiedlichen Interessen zu berücksichtigen. Am Ende eines Verfahrens steht dann eine Abwägungsentscheidung, bei der alle Belange miteinander bedacht und abgewogen worden sind. Die Entscheidung ist selbstverständlich einer gerichtlichen Prüfung zugänglich.

Die Fa. Bodo Freimuth Abbruch & Recycling GmbH als mögliche Vorhabenträgerin für die Deponie in Driftsethe erhält eine Durchschrift dieses Schreibens zur Kenntnisnahme.

Im übrigen bin ich damit einverstanden, wenn Sie dieses Schreiben in dem aus Ihrer Sicht erforderlichen Umfang vor Ort verteilen, etwa an andere Behörden, Bürgerinitiativen, Presse, etc., sofern Sie das komplette Schreiben weitergeben. Missverständnissen kann damit vorgebeugt werden.

Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung

Christina Freifrau von Mirbach

Quelle: Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg vom 15.10.2010

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