BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Grauzone Deponie Grauer Wall

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Antrag auf Planfeststellungsverfahren steht weiter aus

BREMERHAVEN. Seit der Novellierung des Deponierechts im Jahr 2007 entspricht die Deponie Grauer Wall nicht mehr den gängigen Deponierechtsbestimmungen. Für Ende des Jahres 2009 war ein Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Doch bislang ist nichts passiert. Dabei sind vor allem Anwohner der Deponie an einer Beteiligung interessiert. Denn: Es herrscht große Verunsicherung darüber, was auf der Deponie vor sich geht. Die Ruhe war trügerisch: „Nach den Artikeln im Sonntagsjournal war es mit dem nächtlichen Treiben an den Wochenenden zunächst vorbei“, berichtet eine direkte Anwohnerin der Deponie Grauer Wall. Seit kurzem jedoch seien sie wieder unterwegs: „klapprige“ LKWs, die ihre Fracht an späten Wochenendabenden entladen. Dort habe bis zu besagter Pause über Jahre hinweg an jedem zweiten Wochenende nächtlicher Hochbetrieb geherrscht, so die Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Richtige Schüttelkisten fuhren die Wurster Straße entlang zur Grau-Wall-Deponie. Und dort wurde unter Flutlicht bis in die frühen Morgenstunden gearbeitet“, ergänzt ein Mitarbeiter der Anwohnerin. „Welche Firma investiert das Geld, Mitarbeiter am Wochenende und in Nachtschicht zu beschäftigen, wenn die gleiche Arbeit am Tag erledigt werden kann? Da muss schon ganz dick was dahinterstecken“, wundert sich die Frau.
Dazu Stefan Ketteler, Geschäftsführer der Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG), die die Deponie betreibt: „Es ist schon möglich, dass auch nachts einige Touren zur Deponie Grauer Wall gefahren werden. Aber das hat dann logistische Gründe.“ Die BEG habe nichts zu verbergen, könne sie auch nicht, da für jeden Transport Begleitscheine erforderlich seien. Auf denen würde vermerkt, wer etwas auf die Deponie brächte und vor allem was dorthin transportiert würde. Und das werde auch akribisch überprüft.

Giftige Rückstände

Regulär verbracht werden auf die Deponie unter anderem Rückstände aus dem Verbrennungsvorgang in der Müllverbrennungsanlage (MBA). Dazu zählen auch mit Dioxinen und Quecksilber belastete Feinstäube und Kammerfilterrückstände, die der höchsten Schadstoffklasse zugerechnet werden, die oberirdische Deponien aufnehmen dürfen. Da die Deponie in ihrer jetzigen Form nicht den Voraussetzungen des geltenden Deponierechts entspricht, haben die BEG und der Senat für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa des Landes Bremen einen öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbart, in dem die Sanierung und Erweiterung der Anlage geregelt werden: Danach soll der Altteil stillgelegt und auf der Oberseite mit einer Dichtung versehen werden, die als Basis für einen neuen Deponieabschnitt dienen wird. Dieser Deponieabschnitt ist überwiegend für mineralische Abfälle vorgesehen. Sowohl die Westflanke des Altteils der Deponie als auch der bisherige Neuteil sollen mit einer deponierechtskonformen Abdichtung versehen werden. Auf der Westflanke des Altteils sowie auf den bisher abgelagerten Abfällen des Neuteils soll nach dem Aufbringen der Abdichtung ein Deponieabschnitt der Deponieklasse III, zu dem auch die Asche aus der MBA zählt, errichtet werden. Mit dem Konzept soll sichergestellt werden, dass der Standort für mindestens zwanzig Jahre weiterbetrieben werden kann.
Die swb, die in der Stadt Bremen das Müllheizkraftwerk (MKK) betreibt, verbringt ihre giftigen Verbrennungsrückstände in stillgelegte Bergwerksstollen. „Meiner Kenntnis nach sind diese Reststoffe generell endlagerungspflichtig. Das Gesetz sieht die unterirdische Verbringung vor“, sagt der Pressesprecher der swb Bremen, Christoph Brinkmann. Beim Senat für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa des Landes Bremen verweist man diesbezüglich auf die Deponieverordnung, in der geregelt sei, wie mit verschiedenen Abfallklassen zu verfahren ist. „Der Abfall muss analysiert und nach bestimmten Zuordnungskritierien eingeordnet werden“, so Insa Nanninga, Leiterin des Referates für Kreislauf- und Abfallwirtschaft.
Die abweichende Vorgehensweise mit den giftigen Kammerfilterrückständen könne sich aus der Tatsache ergeben, dass die Qualität der Filter der beiden Verbrennungsanlagen in den Städten Bremen und Bremerhaven unterschiedlich sei. Ungeachtet solcher Erwägungen plädiert der Vorsitzende der FDP Bremerhaven, Mark Ella, für den Bergversatz auch in Bremerhaven. Er bezweifelt die Sicherheit der Deponie, zumal „sie bei ihrer Errichtung überhaupt nicht als Sondermüll-Deponie vorgesehen“ war.

„Prädestiniert“

BEG-Geschäftsführer Ketteler hingegen bezeichnet die Grau-Wall-Deponie als prädistiniert für ihren gegenwärtigen Gebrauch: „Durch den kleiehaltigen Untergrund können keinerlei belastende Stoffe ins Grundwasser sickern.“ Die Grünen hingegen hatten bereits im Jahr 1985 vor Brüchen im Kleieuntergrund und den damit einhergehenden Folgen gewarnt: „Schon jetzt haben Untersuchungen eine Schadstoffbelastung des Grundwassers festgestellt. Nach den Ergebnissen des vom Amt für Stadtentwässerung in Auftrag gegebenen Wassergutachtens darf eine weitere Schadstoffbelastung nicht mehr riskiert werden“, so die damalige Abgeordnete Christine Bernbacher in einem Zeitungsartikel in der Nordsee-Zeitung vom 8. Oktober 1985.
25 Jahre später beschreibt eine Anwohnerin, dass sie eine Vielzahl toter Enten in dem die Deponie umgebenden Ringgraben gesehen habe. Sie befürchtet einen Zusammenhang zwischen dem Entensterben und eventuell belastetem Grundwasser. Wie sie fordert auch Ella unabhängige Gutachten: „Wir wissen doch gar nicht, wie es aktuell unter der Deponie aussieht. Ich habe schon Angst um unser Grundwasser.“ Laut Ella würde das Thema viel zu locker gehandhabt: „Alle Bremerhavener müssten ein Interesse daran haben, herauszubekommen, ob diese Deponie gefährlich ist.“ Rahmen könnte das ursprünglich für Ende des vergangenen Jahres anvisierte Planfeststellungsverfahren mit Bürgerbeteiligung sein.
BEG-Geschäftsführer Ketteler: „Ich kann mir vorstellen, mit Politikern, Stadtteilkonferenzen und Behörden einen Dialog zu führen. Auch Umweltbehörden und Anwohner sollen Antworten bekommen.“ „Ein entsprechender Antrag für ein Planfeststellungsverfahren liegt dem Senat für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa des Landes Bremen allerdings bislang nicht vor“, so Nanninga.

Quelle: SONNTAGSJOURNAL vom 28. Februar 2010 (von Elena Boving und Andrea Lammers)

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