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Plastikkrümel treiben im Meer

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AWI entwickelt Monitoring-Verfahren – Muscheln und Fische nehmen Teilchen auf

BREMERHAVEN/HELGOLAND. Normalerweise fischen sie mit ihren feinen Netzen kleinste Meeresorganismen. Doch dieses Mal suchten Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) an Bord der „Heincke“ winzige Plastikpartikel. Dieses Mikroplastik treibt in allen Ozeanen dieser Welt. Eine zunehmende Bedrohung.

Im Pazifik schwimmt ein Müllteppich, so groß wie Zentraleuropa. Er ist das wohl bekannteste Beispiel für das Plastikproblem. Das wabert längst auch in der Nordsee, direkt vor der Haustür. Die UV-Strahlung der Sonne macht den Kunststoff brüchig, und irgendwann zerbröselt jede Plastiktüte, jede Plastikflasche, die im Wasser schwimmt, in kleinste Teilchen. Auch Plastikpellets, die als Rohstoff für die Herstellung der Kunststoffprodukte gebraucht werden, sind an Stränden zu finden. Dazu kommt das, was Kläranlagen nicht abfangen können und über die Flüsse ins Meer gelangt. „Jeder Fleece-Pullover soll pro Waschgang bis zu 2.000 kleine Fasern abgeben“, nennt AWI-Mitarbeiter Dr. Martin Lüder ein Beispiel.

An Stränden finden sich kleine Plastikteilchen. Zu den bunten Scherben kommen viele kleinere Partikel, zum Beispiel aus Peeling-Produkten. Meeresorganismen fressen solche Plastikkrümel. Foto Hildago-Ruz

Plastik in Fischmägen
Der Umweltingenieur arbeitet mit an dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt „Microplast“, das die Belastung in deutschen Küstengewässern erfassen und geeignete Methoden für ein Monitoring entwickeln soll. Denn die Plastikkrümel werden von Organismen verschluckt und aufgenommen. „So konnten sie zum Beispiel bereits im Gewebe von Miesmuscheln oder anderen Tieren nachgewiesen werden“, sagt Dr. Lars Gutow vom AWI. Plastikplättchen landen auch in den Mägen der Fische. Dazu kommt, dass sich im Meer giftige Stoffe anlagern, die auf diese Weise in die Nahrungskette gelangen und so schließlich auch für den Menschen gefährlich werden können. Außerdem wird Zusatzstoffen eine hormonelle Wirkung nachgesagt. Mikroplastik ist höchstens fünf Millimeter groß. Die meisten Teilchen sind aber kleiner als ein Sandkorn. Doch wie viel davon treibt überhaupt im Wasser? Niemand weiß es, und die Untersuchungen, die es dazu gibt, sind in ihrer Methodik sehr unterschiedlich. Gutow hat deshalb gemeinsam mit britischen und chilenischen Kollegen Richtlinien erarbeitet, um Mikroplastik im Meer standardisiert zu erfassen. Bei der Forschungsfahrt der „Heincke“ durch Nord- und Ostsee, von Ostfriesland bis Rügen, wollten sich die Wissenschaftler der Mengen-Frage nähern und haben feine Netze durch die oberen Wasserschichten gezogen. „Wir untersuchen runter bis auf 100 Mikrometer“, sagt Martin Lüder. Denn über diese Winzlinge ist noch weniger bekannt. „Microplast“-Projektleiter Dr. Gunnar Gerdts und seine Kollegen, die mit an Bord waren, haben einen ersten Blick auf die Fänge geworfen. Jetzt wird auf Helgoland ausgezählt. Denn per Infrarot-Spektroskopie lassen sich die Inhaltsstoffe entlarven. Ein solches Spezialgerät wurde mit Hilfe des Ministeriums gekauft.

Müll und Meeresschutz
20.000 Tonnen Abfall landen nach Auskunft des Mellumrates jährlich in der Nordsee. Die Umweltorganisation erfasst seit Jahren den Müll an den Stränden, unter anderem auf der Insel Mellum. Im Schnitt finden die Helfer 700 Müllteile pro 100 Meter, überwiegend aus Plastik. Doch die Europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) verlangt von den EU-Mitgliedsstaaten, bis 2020 einen „guten Zustand der Meeresumwelt“ zu erreichen. Auch deshalb steht das Thema Plastikmüll und Mikroplastikpartikel im Meer zurzeit besonders im Fokus.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 06.08.2012 von Ursel Kikker

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