BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Die Angst vor dem Atommüll

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AKW Unterweser wird zurückgebaut – Brennelemente sollen für Jahrzehnte vor Ort im Castor lagern

DEDESDORF/KLEINENSIEL. Aus den saftigen Wiesen ragt plötzlich eine mächtige Betonkuppel empor: das Atomkraftwerk (AKW) Unterweser in der Wesermarsch. 35 Jahre lebt man nun im Cuxland mit dem ungeliebten Nachbarn. Seit Sommer 2011 ist das AKW vom Netz. Nun soll es zurückgebaut werden. Und auf der Cuxland-Weserseite fürchtet man, dass der atomare Müll aus dem Rückbau auf Jahrzehnte dort lagert.

„Das Gelände darf nicht zu einem Endlager werden“, stellt Loxstedts Bürgermeister Detlef Wellbrock (parteilos) klar. Nur wenige hundert Meter trennen den Atomreaktor, der direkt am Fluss liegt, von den nächsten Häusern auf der hiesigen Weserseite.

Seit zwei Jahren ist es vom Netz, nun soll es zurückgebaut werden: das AKW Unterweser. Erst 2026 beginnt der Abriss des Gebäudes.  Foto Wagner

Seit zwei Jahren ist es vom Netz, nun soll es zurückgebaut werden: das AKW Unterweser. Erst 2026 beginnt der Abriss des Gebäudes.
Foto Wagner

Jetzt fürchtet man, dass die strahlende Fracht, bislang unter meterdickem Beton verborgen, in Castor-Behältern auf dem Gelände gelagert wird. Rückbau heißt die Devise. Das, was in den siebziger Jahren als moderne technische Innovation galt und als Stromversorgung der Zukunft entstanden ist, soll nun Schritt für Schritt abgebaut werden. Das Problem dabei: der Atommüll. Weil es die Politik in fast 40 Jahren der friedlichen Nutzung atomarer Kernspaltung nicht geschafft hat, eine Lösung für die radioaktiven Abfälle zu finden, müssen sie zunächst vor Ort gelagert werden – sowohl die Brennelemente, die jahrzehntelang strahlen, als auch der schwach radioaktive Bauschutt.

Die Kommunen kritisieren das vehement. Loxstedt, Hagen, Bremerhaven – sie alle liegen im Umkreis des AKW und fürchten nun, dass der Standort durch die Hintertür zu einer Art Endlager wird. „Wir sehen das mit großer Sorge“, sagt Bremerhavens Umweltstadträtin Anke Krein. Das Verfahren ist angelaufen. Der Betreiber, der Energiekonzern Eon, hat den Antrag auf Rückbau gestellt. Im Umweltministerium in Hannover wird er derzeit geprüft. Sprecherin Inka Burow: „Wir rechnen damit, dass das Genehmigungsverfahren Ende 2017 abgeschlossen ist.“

Alle 565 radioaktiven Brennelemente, das Herzstück des AKW, hat Eon nach dem Abschalten zunächst in das Abklingbecken verfrachtet, wo die 800 Grad heißen Elemente abkühlen sollen. Erst dann können sie in die Castor-Behälter verladen werden. Das soll bereits im nächsten Jahr soweit sein. Ab Februar will der Konzern damit beginnen, die radioaktive Fracht in 31 Castoren zu verladen, die dann auf dem Kraftwerksgelände untergestellt werden. Dort gibt es seit 2007 ein riesiges Zwischenlager, gebaut, weil der Bund damals die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert hatte. Es ist für eine Betriebsdauer von 40 Jahren zugelassen. So lange werden die 31 Castoren – jeder von ihnen sechs Meter hoch, drei Meter breit und 120 Tonnen schwer – wohl mit Sicherheit in Kleinensiel bleiben, denn die Suche nach einem deutschen Endlager hat bislang noch gar nicht richtig begonnen.

Weiteres Zwischenlager
Zeitgleich mit dem Abriss hat der Energiekonzern den Bau eines weiteren Zwischenlagers für schwach- und mittelradioaktiven Müll in Kleinensiel beantragt. In der 70 Meter langen, 28 Meter breiten und 16 Meter hohen Halle sollen schwach kontaminierte Anlagenteile und Bauschutt untergebracht werden, die beim Abriss anfallen.

Der Kraftwerksbetreiber braucht auch für diese Abfälle Lagerkapazitäten, weil der Schacht Konrad, ein stillgelegtes Eisenerz-Bergwerk in Salzgitter und das einzige bisher genehmigte Endlager, wohl erst 2021 an den Start geht.

2026 soll das AKW nach derzeitigen Stand aus der atomrechtlichen Aufsicht entlassen werden. Dann kann mit dem Abriss des Gebäudes begonnen werden. Dabei werden mehr als 170.000 Tonnen Bauschutt anfallen. Erst ein bis zwei Jahre später wird dort, wo jetzt der riesige Betonblock steht, grüne Wiese zu sehen sein. Und ein großes Lager voller mit Atommüll gefüllter Castoren.

AKW in Kleinensiel
Das Atomkraftwerk Unterweser ging 1978 nach sechs Jahren Bauzeit ans Netz. 2004 errichtete der Betreiber Eon ein Zwischenlager neben dem Kraftwerk, in dem seit 2007 abgebrannte Brennelemente in Castoren gelagert werden. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima schaltete Eon Deutschlands drittältesten Meiler am 18. März 2011 auf Weisung der Landesregierung ab. Ende Mai stand fest, dass er nie wieder ans Netz gehen wird. Das Atomkraftwerk an der Weser hat nach Eon-Angaben zehn Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr produziert und damit den Bedarf von drei Millionen Haushalten gedeckt.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 02.12.2013 von Inga Hansen

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