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Weltmeister im AKW-Rückbau Atomfirma EWN

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Ursprünglich sollten die Energiewerke Nord (EWN) nur die DDR-AKWs zurückbauen. Jetzt nimmt die Firma auch Aufträge im Ausland an.

Eigentlich sollte die Firma sich eines Tages selbst auflösen; sie wurde, so die offizielle Formulierung, „in stiller Liquidation“ geführt. Ihre Aufgabe war schließlich klar begrenzt: Die Energiewerke Nord GmbH (EWN) sollte die Atomkraftwerke in Ostdeutschland zurückbauen, die mit dem Ende der DDR stillgelegt worden waren – um dann selbst überflüssig zu werden.

Doch es kam anders. Noch ehe das Ende des weltweit größten Rückbauprojekts – fünf Reaktoren in Greifswald-Lubmin, einer in Rheinsberg – nahe ist, hat sich das Unternehmen zu einem gefragten Dienstleister gewandelt. Denn auch an anderen Orten Europas müssen zunehmend Atomanlagen abgerissen und verschrottet werden; schließlich gibt es rund sechs Jahrzehnte nach dem Beginn der zivilen Kernspaltung zunehmend Altreaktoren.

Da misst EWN mit dem Geigerzähler. Bild: dpa

Da misst EWN mit dem Geigerzähler. Bild: dpa

Also wurde der Beschluss zur stillen Liquidation der EWN im Mai 2009 aufgehoben. Obwohl auch heute noch das Bundesfinanzministerium einziger Gesellschafter der Firma ist, agiert sie inzwischen auch privatwirtschaftlich am Markt. „Wir verdienen jetzt Steuergelder zurück“, heißt es in der Firma.

Das Finanzministerium nennt die Zahlen: 27,1 Millionen Euro habe die EWN im Jahr 2013 eingenommen. Und die Erlöse könnten in den nächsten Jahren noch steigen. Denn sowohl durch den deutschen Atomausstieg wie auch durch die alternden Reaktoren weltweit werde, so das Ministerium, „der Markt für Rückbauleistungen zunehmend attraktiver“. Gut für die EWN, die nach Einschätzung des Gesellschafters heute „unbestritten zu den Know-how-Trägern der Branche“ gehört.

Entsprechend selbstbewusst präsentiert sich das Unternehmen: „Wir sind stark in einigen wichtigen Marktnischen, insbesondere in der Ingenieurs- und Projektleitungskompetenz“, sagt EWN-Geschäftsführer Henry Cordes, „und wir haben mehr praktische Erfahrung und nachgewiesene Expertise im sicheren Rückbau nuklearer Anlagen als viele andere Unternehmen.“

Tschernobyl, Atom-U-Boote – überall dabei
Vor allem in Osteuropa greift man gerne auf die Techniker aus Vorpommern zurück. Denn weil die DDR-Reaktoren allesamt von sowjetischer Bauart, Typ WWER, sind, gelten die Erfahrungen mit deren Rückbau im Osten als perfekte Referenz. So entwickelte die EWN ein Stilllegungsmanagementsystem für das bulgarische Atomkraftwerk Kosloduj und inventarisiert im slowakischen Bohunice als Konsortialführer die beiden stillgelegten Reaktoren.

Auch im litauischen Ignalina bekam die EWN den Auftrag zur Planung der Stilllegung, ebenso in Tschernobyl, wo 1986 der Block 4 havarierte; dort leisten die ostdeutschen Experten Unterstützung bei der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3. Und das Angebotsspektrum reicht noch weiter: Auch bei der Verschrottung von 120 Atom-U-Booten der russischen Nordmeerflotte in Murmansk, die in den 1990er Jahren außer Dienst gestellt wurden, sind die Deutschen eingebunden.

Das älteste AKW der Welt
Zugleich gewinnt auch in Westeuropa das Thema Rückbau an Bedeutung. Jüngst hätten etwa die Schweizer Behörden nachgefragt, lässt die EWN wissen. Denn das Land betreibt derzeit noch fünf Reaktorblöcke; der Reaktor Beznau ist inzwischen gar das älteste noch laufende Atomkraftwerk der Welt. Vor allem Staaten mit nur wenigen Atomkraftwerken werden vermutlich Dienstleistungen beim Rückbau im Ausland einkaufen.

Vor allem aber in Deutschland werden die Rückbauexperten in den nächsten Jahren viel zu tun haben. Acht Reaktoren wurden 2011 abgeschaltet, im Jahr 2015 folgt der nächste und dann alle zwei Jahre mindestens ein weiterer. Wenn 2022 alle Meiler vom Netz sind, gibt es – zusammen mit den DDR-Anlagen – im Land rund zwei Dutzend Atomruinen. Plus eine Reihe alter Forschungsreaktoren.

In Schwaben ging es auch schon los
Und so suchen die EWN auch im Inland ihren Vorsprung am Markt zu nutzen. Erste Projekte hat die Firma bereits akquiriert: Im vergangenen Herbst begannen Mitarbeiter der EWN mit der Zerlegung des Reaktors in Obrigheim, der 2005 im Zuge des Atomausstiegs abgeschaltet wurde. Die Betreiberfirma EnBW hatte die Arbeiten ausgeschrieben und den Zuschlag der EWN erteilt. Deren Mitarbeiter arbeiten nun seit September 2013 fernbedient an dem hochstrahlenden Material.

So gibt es heute kaum ein Rückbauprojekt in Deutschland, bei dem die EWN nicht mit im Boot ist. Die Beseitigung der Forschungsreaktoren in Karlsruhe, Jülich und München hat das Unternehmen ebenso übertragen bekommen, wie Teile des Rückbaus am Kraftwerk Mülheim-Kärlich. Auch am Reaktor des Forschungsschiffes „Otto Hahn“ werden die EWN Hand anlegen. Reinigung, Zerlegung, Freimessung – das Spektrum der notwendigen Tätigkeiten bei der Entsorgung der nuklearen Hinterlassenschaften ist lang.

4,2 Milliarden vom Bund
Und so zeigt sich das ostdeutsche Unternehmen zuversichtlich, seine 800 Mitarbeiter langfristig halten zu können. Alle Arbeiten, die über die ursprüngliche Aufgabe – nämlich den Rückbau der DDR-Reaktoren – hinausgehen, bieten die EWN zu Marktpreisen an. „Jeder externe Auftrag muss kostendeckend sein“, sagt eine Unternehmenssprecherin.

Für den Rückbau der DDR-Anlagen gibt es hingegen weiterhin Geld des Staates. Und zwar nicht wenig: Für den gesamten Rückbau hat der Bund 4,2 Milliarden Euro zugesagt. Natürlich ist auch viel Lehrgeld im Etat eingepreist: „Als wir 1995 mit dem Rückbau der DDR-Anlagen begannen, hatte man damit wenig Erfahrung“, sagt die Sprecherin der EWN.

Vor Ort in Greifswald-Lubmin sind die Arbeiten vorangeschritten. Die letzten radioaktiven Großteile wurden bereits ins angrenzende atomare Zwischenlager Nord verfrachtet. Dort bleiben sie liegen und sollen eines Tages ins atomare Endlager Schacht Konrad verfrachtet werden. Das aber kann dauern, der Schacht wird frühestens 2019 zur Verfügung stehen. Und die Hinterlassenschaften des Atomzeitalters werden auch dann freilich nicht einfach weg sein – sie werden im Endlager noch viele Hunderttausende von Jahren weiterstrahlen.

Quelle: taz.de


 

Geschichte
Die EWN sind Rechtsnachfolger des früheren DDR-Kombinats Kernkraftwerke „Bruno Leuschner“. Nach der Wiedervereinigung wurde 1990 zunächst die Treuhandanstalt als Gesellschafter eingesetzt. Seit Beginn des Jahres 2000 ist das Bundesministerium der Finanzen alleiniger Gesellschafter des Unternehmens.

Die Kernkraftwerke Greifswald und Rheinsberg waren grundlegende Bestandteile der Energiepolitik der DDR, die langfristig etwa 30–40 % ihres Strombedarfs durch Kernenergie abdecken wollte. Als erstes Kernkraftwerk der DDR wurde 1966 in Rheinsberg ein sowjetischer Druckwasserreaktor der WWER-Linie mit einer elektrischen Leistung von 70 MW in Betrieb genommen.

1967 wurde mit der Errichtung des Kernkraftwerks Greifswald begonnen. Acht Reaktoren des sowjetischen Typs WWER 440-230 mit je 440 MW elektrischer Leistung sollten hier errichtet werden. 1973 nahm der erste Block seinen Betrieb auf. Drei weitere folgten bis 1979. Der fünfte, sicherheitstechnisch erheblich veränderte Block 5 begann im Jahr 1989 mit dem Probebetrieb. Block 6 war zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung ebenfalls bereits errichtet, aber noch nicht in Betrieb. Die Blöcke 7 und 8 befanden sich im Bau. Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung wurde eine umfassende Sicherheitsanalyse für die Greifswalder Reaktoren durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Reaktoren nur mit großem Aufwand auf westliche Sicherheitsstandards hätten umgerüstet werden können. Daher wurde entschieden, alle Reaktoren in Rheinsberg und Greifswald abzuschalten. Beide sind seit 1990 stillgelegt und werden seit 1995 demontiert.

Finanzierung
Die EWN erwirtschaften keine Gewinne. Der Konzern erhält Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt. Für 2015 ist ein Betrag von rd. 118 Millionen Euro vorgesehen.

Beteiligungen
An folgenden Unternehmen sind die EWN beteiligt:
• Arbeitsgemeinschaft Versuchs-Reaktor GmbH (AVR GmbH), Jülich (100 %, seit 2003)
• Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe Rückbau- und Entsorgungsgesellschaft mbH (WAK GmbH), Eggenstein-Leopoldshafen (100 %, seit 2006)
• Zwischenlager Nord GmbH (ZLN GmbH), Rubenow (100 %)
• Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE mbH), Peine (25 %, seit 2008)

Quelle: Wikipedia


 

Der Aufsichtsrat wird aus folgenden neun Personen gebildet:

Dr. Bernd Halstenberg Vorsitzender
Geschäftsführer der Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten mbH

Olaf Wernitz Stellvertretender Vorsitzender
Stellvertretender Bezirksleiter der IG BCE Bezirk Berlin-Mark Brandenburg

Prof. Dr. Diethard Mager
Ministerialdirigent im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Referat II C

Dr. Wolf Richter
Regierungsdirektor im Bundesministerium der Finanzen (BMF) Referat VIII C1

Dr. Barbara Syrbe
Landrätin des Landkreises Vorpommern-Greifswald

Peter Hart
Ministerialrat im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) Unterabteilung RS III

Arbeitnehmervertreter:
Horst Weißenborn
Energiewerke Nord GmbH

Kathleen Hinz
Energiewerke Nord GmbH

Jürgen Liedtke
Energiewerke Nord GmbH

Quelle: EWN

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