BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Wohin mit dem ganzen radioaktiven Müll?

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Atomendlager-Kommission legt Abschlussbericht vor – Die bevorstehende Standortsuche sorgt schon jetzt für Emotionen

BERLIN. Zwei Jahre lange hat die sogenannte „Endlager-Kommission“ diskutiert, wie der stark strahlende Atommüll in Deutschland dauerhaft gelagert werden kann und muss – und wie man nach möglichst objektiven Kriterien einen Standort finden kann. Die zur einen Hälfte aus Wissenschaftlern und Experten und zur anderen aus Politikern zusammengesetzte Kommission sollte das 2013 verabschiedete Endlagersuchgesetz konkretisieren. Am Dienstag wurde der fast 700 Seiten dicke Abschlussbericht vorgelegt. Nun kann die Suche starten. Bis 2030 soll der Ort bestimmt werden, wo dann 2050 der Betrieb losgehen könnte. Doch die Wogen schlagen schon jetzt hoch.

Die Suche nach einem Atommüll-Endlager ist schwierig und langwierig. Die Umweltministerin warnt davor, auf Zeit zu spielen. Foto Anspach/dpa

Die Suche nach einem Atommüll-Endlager ist schwierig und langwierig. Die Umweltministerin warnt davor, auf Zeit zu spielen. Foto Anspach/dpa

Um welchen Müll geht es? Wenn 2022 das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz geht, werden rund 30 000 Kubikmeter hoch radioaktive Abfallstoffe einzulagern sein, darunter viele Brennelemente. Und zwar eine Million Jahre lang, so lange ist die Strahlung hoch. Das Zeug darf dabei nicht in die Umwelt oder ins Grundwasser gelangen. Hochradioaktiver Müll kann große Hitze erzeugen und chemische Reaktionen mit seiner Umgebung auslösen. Das umgebende Gestein muss das aushalten, die Deckschichten müssen stark genug sein. Hinzu kommen rund 600 000 Kubikmeter schwach- und mittelaktiver Atommüll, die nach jetziger Planung in Schacht Konrad eingelagert werden sollen.

Welche Grundentscheidungen hat die Kommission getroffen? Sie schlägt eine mehrstufige Standortsuche im gesamten Bundesgebiet vor. Es sollen allein die wissenschaftlichen Auswahlkriterien gelten, bei denen die langfristige Sicherheit ganz oben steht. Festgelegt wurde auch, dass der Müll rückholbar sein soll. Zwar soll das Endlager-Bergwerk nach der Einlagerung verschlossen werden, damit alles wartungsfrei ist, aber eben „reversibel“. Außerdem soll es Beobachtungsmöglichkeiten von außen geben. Falls spätere Generationen eine Technologie erfinden, den Müll unschädlich zu machen, zu nutzen oder anderweitig zu entsorgen, soll das möglich sein.

Wie soll gesucht werden? Für das Standortauswahlverfahren soll das Prinzip der „weißen Landkarte“ gelten – alle Gegenden kommen in Frage. Das politisch schon gescheiterte Projekt Gorleben wird ebenfalls nicht ausgenommen. Aufgrund der geologischen Daten werden im ersten Schritt mögliche Regionen herausgefiltert. Erdbebenanfällige Gebiete werden nach den Empfehlungen der Kommission dabei ebenso aussortiert, wie andere geologische Störzonen oder Regionen, in denen das Grundwasser sehr jung ist. Es muss eine Deckschicht von mindestens 100 Metern Stärke vorhanden sein. Wenn alle Regionen danach geprüft sind und sich bestimmte Gebiete als geeignet herausstellen, beginnen erst ober und im dritten Schritt dann unterirdische Erkundungen.

Wer entscheidet? Bei jeder einzelnen Stufe sollen Bundestag und Bundesrat die jeweilige Auswahl bestätigen, zum Schluss auch das eine Endlager selbst. Das Suchverfahren soll jederzeit transparent ablaufen, die Bürger sollen ständig informiert werden.


 

Kommentar
Bericht der Endlager-Kommission

Ergebnisoffen bedeutet am Ende ohne Ergebnis

Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Würde man eine Gruppe von eingefleischten Atomkraftbefürwortern aus allen deutschen Regionen in einen Raum sperren und ihnen sagen, Essen gibt es, wenn ihr euch auf den Standort für ein Atommüll-Endlager geeinigt habt – sie würden verhungern. Niemand will die Hinterlassenschaften dieser Technologie je bei sich haben. Und das ist, neben den schweren Folgen eines Unfalls, das durchschlagendste Argument gegen die Kernkraft: Es ist zutiefst unethisch, etwas in Gang zu setzen, das einen so gefährlichen Müll produziert und diesen Müll dann einfach den nachfolgenden Generationen aufzubürden. Und zwar eine Million Jahre lang.

Der Bericht der Endlager-Kommission wirkt nur wie eine Lösung, er ist aber noch keine. Es werden Anforderungsprofile für ein Endlager beschrieben. Ergebnisoffen soll die Suche sein. Keine Gesteinsart und kein Standort wird prinzipiell ausgeschlossen. Schön und gut. Aber schon die Sondervoten zeigen, wie diese Suche wahrscheinlich enden wird. Bayern, Sachsen, Niedersachsen wollen schon jetzt Ausnahmen, und die Atomgegner wollen nicht in einen Konsens eingebunden sein, um später noch protestieren zu können. Wie soll das erst werden, wenn sich aus der offenen Suche konkrete Orte ergeben, womöglich mehrere? Heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus, zünd’ andere an. Nirgendwo auf der Welt gibt es bisher ein funktionierendes Endlager. Trotzdem errichtet die Atomindustrie weltweit fleißig neue Meiler. Die Endlagerkommission war der lobenswerte Versuch der deutschen Atomkraftnutzer-Generation, einer Ethik der Verantwortung gerecht zu werden. Dass aber eine konkrete Umsetzung gelingt, an irgendeinem Ort in Deutschland, ist nicht zu erwarten. Ergebnisoffen wird am Ende bedeuten: Ohne Ergebnis.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 06.07.2016 von Werner Kolhoff, Büro Berlin

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