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Weniger Gülle ist nicht mehr

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Bauern kritisieren verschärfte Düngeverordnung – Jens Lücken: Ohne Stickstoff keine guten Gräser

SELLSTEDT. Die satten Wiesen beginnen gleich hinterm Hof. Tiefschwarz ist der Boden: Moor. „Unsere Großeltern haben diese Gegend urbar gemacht“, erzählt Jens Lücken. So gut, dass er hier 300 Kühe halten kann. Aber wenn die neue Düngeverordnung kommt, könnte es dem Moor an den Kragen gehen, glaubt er. „Wenn wir nicht mehr vernünftig düngen, wird der Boden ausgezehrt, zersetzt sich das Moor.“

Moderne Güllewagen sehen so aus: Jens Lücken fährt die Gülle mit diesem Gerät aus. Dabei wird die braune Brühe nicht verspritzt, sondern auf den Boden „gelegt“. Der Vorteil: Es stinkt nicht. Außerdem kann die Gülle besser von den Pflanzen aufgenommen werden. Foto privat

Moderne Güllewagen sehen so aus: Jens Lücken fährt die Gülle mit diesem Gerät aus. Dabei wird die braune Brühe nicht verspritzt, sondern auf den Boden „gelegt“. Der Vorteil: Es stinkt nicht. Außerdem kann die Gülle besser von den Pflanzen aufgenommen werden. Foto privat

Gülle ist zum Reizwort geworden. Für die einen eine stinkende Brühe, die die Luft verpestet und das Grundwasser belastet, für die anderen, die Landwirte, schlicht der Baustein des Lebens. „Gülle“, sagt Milchbauer Lücken, „ist kein Abfall, sie ist der wichtigste Nährstoffgeber, sie bringt die Pflanzen zum Wachsen.“ Klar ist: Die stickstoffreiche braune Brühe kann ein Problem werden. Wenn zu viel davon auf die Äcker ausgebracht wird. Was die Pflanzen nicht aufnehmen können, landet im Wasser. In Bächen, Seen – und am Ende im Grundwasser.

Die EU hat deshalb eine Grenze gesetzt. Mehr als 50 Milligramm Nitrat darf im Grundwasser nicht drin sein. Tatsächlich wird diese Grenze vielerorts überschritten. Auch an einigen Stellen im Cuxland. Brüssel pocht seit Jahren auf die Einhaltung des Wertes, hat Deutschland sogar verklagt. Vor diesem Hintergrund wollen Bund und Länder nun das Düngerecht verschärfen, Ende März entscheidet der Bundesrat.

Danach darf unter anderem auf Moor nicht mehr so viel Dünger ausgebracht werden. Ein Viertel weniger als bisher. Weil – so die Begründung – der humusreiche Moorboden mehr Stickstoff für die Pflanzen freisetzt. Für Milchbauer Lücken eine Milchmädchenrechnung: Es könne sein, dass die Moore im Sommer, wenn es warm wird, mehr Stickstoff freisetzen, sagt er. Aber das nützt ihm und den vielen anderen Bauern – die Hälfte der Flächen im Cuxland sind Moor – wenig. „Wir mähen das Gras fünf Mal im Jahr. Das erste Mal im Mai. Gerade dann, im Frühjahr, brauchen die Pflanzen den Stickstoff.“

Kümmert sich seit Jahren intensiv darum, die Gülle so auszubringen, dass möglichst kein Stickstoff im Boden verbleibt: Jens Lücken. Foto Hansen

Kümmert sich seit Jahren intensiv darum, die Gülle so auszubringen, dass möglichst kein Stickstoff im Boden verbleibt: Jens Lücken. Foto Hansen

Für den Landwirt steht fest: „Wenn wir unsere Kühe gesund ernähren wollen, ohne Futter zuzukaufen, brauchen wir bei den ersten beiden Schnitten gute Ernten.“ Und das funktioniere eben nur, wenn das Gras zuvor ausreichend Dünger und damit Nährstoffe bekommt.

Die neue Düngeverordnung bestraft die Falschen, findet Klaus Dahmen, der im Beratungsring Sellstedt Landwirte berät. Zwar enthält das Regelwerk weitere Auflagen – so gehen die Gärreste aus Biogas-Anlagen künftig in die Düngebilanz mit ein – aber die Milchbauern in Moor-Regionen trifft es besonders. „Dabei werden auf reinem Grünland, also auf den Wiesen, im Herbst nach der Ernte die niedrigsten Nitratwerte im Boden gemessen“, weiß der Agraringenieur. Auf den Äckern, wo Getreide oder Mais angebaut wird, seien die Werte höher.

So belastet ist unser Grundwasser

Jens Lücken gehört in puncto Gülle ohnehin zu den Vorzeigebauern. Seit 2011 macht er beim Arbeitskreis Grundwasser Untere Weser mit, einem Gremium aus Landwirten, Wasserwirtschaftlern und einem Ingenieurbüro, das sich des Themas Nitrat angenommen hat. 20 Landwirte, darunter Lücken, lassen seither ihre Wirtschaftsweise genau unter die Lupe nehmen. Um die Gülle so optimal einzusetzen, dass sie möglichst komplett von der Pflanze aufgenommen wird. Lücken hat seither einiges gelernt. Dass die neue Verordnung jedem Bauern auferlegt, einen Düngeplan zu erstellen, ergibt für ihn Sinn. Aber nicht das rigide Eindampfen der Düngermenge. „Wir brauchen nun mal den Stickstoff.“

Eine Hoffnung hat er noch: Dass auch Brüssel einsieht, dass intensive Viehwirtschaft nur möglich ist, wenn man den natürlichen Dünger, die Gülle, verwenden darf. Die EU hat in Aussicht gestellt, dass für Viehbetriebe, die mindestens vier Mal im Jahr ihr Gras ernten, die Obergrenze für Stickstoff aus Gülle von 170 Kilogramm pro Hektar auf 230 hochgesetzt wird. Dafür allerdings muss die Düngeverordnung erst mal in Kraft sein.


 

3 Fragen an . . . Jan Heumann Landvolk-Vorsitzender

Jan Heusmann, Landvolk-Vorsitzender Foto Gehrke

Foto Gehrke

› Die neue Düngeverordnung macht den Bauern im Cuxland zu schaffen. Auf Moorböden darf künftig deutlich weniger gedüngt werden. Was hat das für Folgen?
Es wird deutlich schwieriger werden, das Gras auf den Wiesen fachgerecht zu düngen. Die Folge wird sein, dass das Gras schlechter wächst. Und wir werden wohl nicht mehr so viel ernten.

› Die Viehwirtschaft kann weniger intensiv betrieben werden?
Ja, das könnte die Folge sein.

› Jens Lücken hat gesagt, dass die Bauern bei dieser Einschränkung zwei Euro für den Liter Milch bekommen müssten. Sehen Sie das ähnlich?
Ich setze darauf, dass wir eine Sonderregelung für Grünland bekommen. Selbst Wasserwirtschaftler sagen ja, dass die Düngung auf Grünland kein Problem fürs Grundwasser ist. Unter Wiesen wird kein Stickstoff ausgewaschen. Deshalb hoffe ich, dass mit der Verordnung auch der Weg dafür frei wird, dass wir wieder 230 Kilogramm Stickstoff aus Gülle pro Hektar ausbringen dürfen.

Quelle: Nordsee-Zeitung vom 11.03.2017 von Inga Hansen

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