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Begehrte Rohstoffe aus alten Handys

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Recycling: Alte elektronische Geräte können als Quelle für wertvolle Metalle und Seltene Erden dienen

BREMERHAVEN. Elektronik ist anspruchsvoll – auch in den Rohstoffen. Zur Herstellung werden unter anderem Lithium und Kobalt benötigt. Und gerade bei diesen müssten sich Hersteller auf „zeitweise Verknappungen“ einstellen, warnt das Freiburger Öko-Insitut und mahnt ein besseres Recycling an. Doch noch gibt es hierbei Probleme.

Auf den ersten Blick Elektroschrott. Doch diese alten Steuerplatinen ausgedienter Handys können wertvolle Rohstoffe liefern. Foto: Anspach/dpa

Nicht nur Lithium und Kobalt gehören zu den begehrten Rohstoffen, die in High-Tech-Produkten und Elektroautos zum Einsatz kommen. Auch Zinn, Tantal, Wolfram, Grafit, Gold, Silber, Kupfer, Palladium und die Metalle der sogenannten Seltenen Erden gehören dazu.

„Die Verknappungen sind jedoch nur als vorübergehend anzusehen und beeinträchtigen nicht langfristig die globale Marktentwicklung und die Elektromobilität“, schränkt das Öko-Institut ein. Allerdings dämpfe ein effizientes Recycling die Nachfrage nach Primärrohstoffen und wirke vorbeugend gegen temporäre Verknappungen. Das Institut schlägt unter anderem eine Batterierichtlinie speziell für die Elektromobilität mit festgeschriebenen Recyclingraten für Lithium, Kobalt, Nickel und Grafit vor.

Rücknahmesystem für Lithium-Batterien angeregt
Zusätzlich sollte ein weltweites Rücknahme- und Recyclingsystem für Lithium-Ionen-Batterien aufgebaut werden, regt das Öko-Institut an. Denn, so schätzt die Deutsche Rohstoffagentur: „Die Nachfrage nach Lithium könnte sich zwischen 2015 und 2025 verdoppeln beziehungsweise verdreifachen.“

Ein weiteres Problem bei der Rohstoffgewinnung ist ein ethisches: Denn die Metalle stammen hauptsächlich aus Bürgerkriegsgebieten in Afrika – insbesondere Kobalt und Tantal kommen aus dem Kongo – und werden oft von Kindern mit primitiven Werkzeugen gefördert.

In Deutschland dürfen Elektroaltgeräte schon lange nicht mehr im Hausmüll entsorgt werden, sondern werden im Geschäft und in Sammelstellen abgegeben oder mit dem Sperrmüll abgefahren. Im Jahr 2015 waren es nach Angaben des Umweltbundesamtes bundesweit 722.000 Tonnen, davon 623.000 Tonnen aus privaten Haushalten. Das entspricht 7,9 Kilogramm pro Einwohner und Jahr. Zur Einordnung: Im Kreis Cuxhaven wurden laut der Abfallbilanz in dem genannten Jahr 586 Tonnen Elektroaltgeräte gesammelt, 2016 waren es schon 615 Tonnen.

„Elektroaltgeräte enthalten wertvolle Metalle und andere Stoffe, die wiederverwertet werden können“, heißt es vom Umweltbundesamt. Das seien am Ende beispielsweise Metalle wie Eisen, Stahl, Kupfer, Aluminium und Messing. Hier seien die Recyclingausbeuten sehr gut. Aber: „Die Rückgewinnung von Edel- und Sondermetallen, insbesondere aus bestimmten Geräten der Informations- und Telekommunikationstechnik, ist noch deutlich ausbaubar“, stellt das Umweltbundesamt fest und blickt dabei auf Laptops, Handys, Smartphones und Computer.

Allerdings seien die Metalle nur in geringen Mengen enthalten, sodass es auf große Mengen ankomme. „So sind zum Beispiel in einer Tonne Handys etwa 250 Gramm Gold enthalten – zum Vergleich: Eine Tonne Golderz enthält etwa fünf Gramm Gold“, rechnen die Experten vom Umweltbundesamt vor.

Die Menge ist durchaus vorhanden: Nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe kaufen die Deutschen im Jahr mehr als 24 Millionen Smartphones. Zudem fielen pro Jahr 1,7 Millionen Tonnen Elektroschrott an, von denen nur 40 Prozent ordnungsgemäß entsorgt würden.

Auf die Rücknahme gebrauchter Handys hat sich die Kölner Firma Mobile-Box spezialisiert. Sie arbeitet mit Vereinen und Verbänden, wie dem Naturschutzverband BUND, zusammen, um die Altgeräte einzusammeln. Bei 100 Millionen ungenutzten Mobiltelefonen in deutschen Haushalten, wie eine Studie des Branchenverbandes Bitcom aus dem Jahr 2015 ergeben hat, ein durchaus lukratives Geschäft. Vergangenes Jahr sammelte Mobile-Box insgesamt 80.000 Alt-Handys an 1.500 Sammelstandorten, 2015 waren es noch 5.000 an mehr als 300 Standorten.

Bis zu 20 Prozent der Geräte werden geprüft, gereinigt, repariert, gelöscht und als Gebrauchthandys weiterverkauft. Den Rest gibt das Unternehmen an einen zertifizierten Recycling-Betrieb. Dort werden Rohstoffe wie Gold, Silber und Kupfer wiedergewonnen. „Diese müssen nicht mehr umweltschädigend in Bergwerken auf der ganzen Welt abgebaut werden, womit ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird. Auf diese Weise wird der Rohstoffkreislauf geschlossen“, sagt Firmengründer Eric Schumacher, dessen Unternehmen zudem zwischen 50 Cent und einen Euro pro Handy an die Sammelgruppen spendet.

Dass im Recycling Chancen liegen, betont auch der Verband Deutscher Metallhändler (VDM), Vertreter der Firmen, die seit 110 Jahren den deutschen Markt und die deutsche Industrie mit den begehrten Metallen versorgen, wie VDM-Präsident Thomas Reuther sagt. Er weist aber auf ein Problem hin: „Das Recycling von Kobalt, Lithium oder Magnesium ist derzeit nicht wirtschaftlich, da die Entwicklung und Anschaffung der Maschinen zu teuer ist.“

Die Metallhändler, die hierzu grundsätzlich in der Lage seien, sähen sich zudem Reglements und Kosten ausgesetzt, die für sie untragbar seien, bemängelt Reuther. Kleine Unternehmen erhielten schlicht keine Unterstützung, um sich auf diesem Gebiet weiterzuentwickeln.

„Möchte Deutschland keinen geopolitischen Supergau erleben und sich von Monopolisten Preise und Verfügbarkeiten vorschreiben lassen, sollte hier dringend investiert werden“, fordert Reuther. Ebenso müssten Unternehmen vor staatlichen Auflagen geschützt werden – wie beispielsweise vor Überlegungen, für Kobalt einen Grenzwert im Chemikalienrecht einzuführen.

Erst wenige Methoden für Seltene Erden
Ein Problem sind auch immer noch die sogenannten Seltenen Erden. Hier gibt es erst wenige Recycling-Methoden. Beispielsweise im Bereich von Permanentmagneten von Elektromotoren. Hier hat das Öko-Institut ein beträchtliches Potenzial ermittelt. So landeten die Dauermagneten spätestens nach 30 Jahren im Stahl- oder Kupferschrott oder würden über den Hausmüll entsorgt. „Damit gehen der Industrie in Deutschland schon heute rund 35 bis 40 Tonnen Neodym-Eisen-Bor-Magnete verloren, Tendenz steigend“, hat das Öko-Institut bereits 2014 ermittelt. Das Neodym wird beispielsweise für Hochleistungsmagnete in der Windindustrie benötigt oder beim Monitorbau.

Erste Recycling-Verfahren für Seltene Erden gibt es bereits: So hat das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung in Dresden ein Verfahren zur Rückgewinnung von Neodym und Samarium aus Magnetwerkstoffen und Magnetwerkstoffgemischen entwickelt. Auch der Autohersteller Honda und Japan Metals & Chemicals setzen seit 2012 ein Verfahren ein, bei dem Seltene Erden aus gebrauchten Nickel-Metallhybrid-Batterien gewonnen werden – aus Hybridfahrzeugen. Forscher der Yale-Universität haben erst vergangenes Jahr einen einfachen Weg gefunden, aus Seltenen Erden produzierte Metalle, die in Elektronikschrott vorkommen, herauszulösen. Noch befindet sich das Verfahren jedoch im Versuchsstadium.

› Hier können Altgeräte abgegeben werden
Alte Handys können in der Geschäftsstelle des BUND in der Borriesstraße 19 in Bremerhaven abgegeben werden. Öffnungszeiten: dienstags von 16.15 bis 19 Uhr, ansonsten in einer kleinen Tüte im Briefkasten. Auch der Nabu nimmt Althandys entgegen: auf der Dreptefarm in Wulsbüttel.

Elektroaltgeräte können im Handel zurückgegeben, über die Sperrmüllabfuhr abgeholt sowie in der Stadt Bremerhaven auf dem Containerplatz der BEG angeliefert werden (Infos: Tel. 0471/186555). Im Kreis Cuxhaven ist eine Abgabe bei der Firma Nehlsen in Loxstedt, dem Recyclinghof von Harrje & Wehrmann in Debstedt sowie in folgenden Depot-Sammelcontainer für Elektrokleingeräte möglich: Beverstedt (Meyerhofstraße), Hagen (Parkplatz Amselstraße/Amtsdamm), Langen (Imsumer Straße beim Bauhof), Nordholz (Parkplatz Grundschule).

Quelle: Sonntagsjournal vom 28.01.2018 von Christoph Bohn

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