BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Kernkraftwerk: Rückbau soll im Frühjahr beginnen

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Die Arbeiten beginnen im Kontrollbereich. Sie werden schätzungsweise 1 Milliarde Euro kosten und 15 Jahre dauern.

Kleinensiel „Das ist eine gute Nachricht“. Mit diesen Worten hat Stadlands Bürgermeister Klaus Rübesamen am Dienstag den Genehmigungsbescheid für Stilllegung und Rückbau des Kernkraftwerks Unterweser (KKU) in Kleinensiel kommentiert. Auch der KKU-Betreiber Preussen-Elektra empfindet die Genehmigung als gute Nachricht, wie die Pressesprecherin Almut Zyweck auf Anfrage der NWZ sagte. Die Arbeiten kosten etwa eine Milliarde Euro und werden voraussichtlich bis 2034 dauern.

Die Arbeiten beginnen in der Reaktorkuppel. Das Gebäude selbst steht noch bis mindestens 2031. Bild: Henning Bielefeld

Genehmigung übergeben
Umweltminister Olaf Lies (SPD, Sande) hatte die Genehmigung am Dienstag in Hannover an Dr. Guido Knott, den Vorsitzenden der Geschäftsführung von Preussen-Elektra, und an den Kraftwerksleiter Gerd Reinstrom übergeben. Ende November hatte das Ministerium den Entwurf der Genehmigung zur Überprüfung an das Bundesumweltministerium übergeben, das es jetzt mit einigen Änderungen zurückgeschickt hat.

Der Bescheid ist die erste von zwei vorgesehenen atomrechtlichen Genehmigungen für Stilllegung und Abbau der Anlage; Preussen-Elektra hatte die Genehmigung am 4. Mai 2012 beantragt. Das Kraftwerk ist 2011 im Zuge des Atomunglücks in Fukushima stillgelegt worden.

Preussen-Elektra wird auf den Bescheid zunächst mit einer Formalie antworten, sagt Almut Zyweck: Das Unternehmen wird dem Ministerium mitteilen, dass es die Genehmigung annimmt.

Noch im nächsten Frühjahr sollen die Arbeiten am Reststoffbehandlungszentrum beginnen. Das ist eine Art Fabrik mit verschiedenen Behandlungsstationen für die radioaktiv belasteten Eingeweide der Reaktorkuppel. Das Reststoffbehandlungszentrum entsteht im unteren Teil des sogenannten Ringraums, der sich zwischen der Betonhülle der Reaktorkuppel und der Stahlkugel mit dem Reaktor erstreckt. Das Zentrum wird aus mehreren Räumen bestehen, in denen verschiedene Arbeitsschritte erledigt werden können.

Auch der Ringraum ist Teil des Kontrollbereichs. Die Rückbauarbeiten werden sich in den nächsten 13 Jahren ausschließlich in diesem Sektor abspielen, von außen wird so gut wie nichts zu sehen sein. Nach den Worten von Almut Zyweck soll das Reststoffbehandlungszentrum Ende 2020 in Betrieb gehen.

Der zweite Schritt wird die Demontage der Einbauten im Reaktordruckbehälter sein, der sich ebenfalls in der Kuppel befindet. Diese Arbeiten sollen im Sommer 2019 beginnen und etwa zwei Jahre dauern.

Zerlegen unter Wasser
Den Auftrag für diese Arbeiten hat Preussen-Elektra Mitte Dezember an ein Konsortium namens Zerkon gegeben. Dazu gehören drei Unternehmen: die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) – eine Tochterfirma der deutschen Atomkraftwerksbetreiber, die etwa auch die Castor-Behälter herstellt –, die Westinghouse Electric Germany und die Westinghouse Electric Sweden. Das Konsortium zerlegt und verpackt nicht nur die Einbauten des Reaktordruckbehälters in Kleinensiel, sondern auch die in fünf weiteren Preussen-Elektra-Kernkraftwerken.

Die GNS hat die Führung des Konsortiums übernommen und ist vor allem für die endlagergerechte Verpackung der Abfälle zuständig, während Westinghouse vornehmlich für die Zerlegung der Einbauten zuständig ist.

Dafür wird der Reaktordruckbehälter mit Wasser geflutet. Unter Wasser werden Maschinen die Zerlegearbeiten leisten, die von Mitarbeitern am Beckenrand fernhantiert werden.

Technisch anspruchsvoll
Dieser Teil des Rückbaus ist auf mehr als zehn Jahre ausgelegt und gehört zu den technisch anspruchsvollsten und komplexesten Teilen des Rückbaus. Zu den Einbauten im Reaktordruckbehälter gehören vor allem solche, die die Brennelemente im Behälter fixiert und die Durchströmung mit Kühlmittel sichergestellt haben, erläutert Preussen-Elektra.

Das Unternehmen erwartet für seine sechs Kernkraftwerke insgesamt 900 Tonnen Abfälle aus den Reaktordruckbehältern, die in rund 1100 endlagerfähige Behälter verpackt werden müssen.

Skeptischer als Bürgermeister Klaus Rübesamen und als Preussen-Elektra blicken die Atomkraftgegner auf den Rückbau. Sie sehen in dem Start im belasteten Bereich ein Sicherheitsrisiko und haben schon einen potenziellen Kläger gegen den Genehmigungsbescheid in ihren Reihen, wie Hans-Otto Meyer-Ott vom Arbeitskreis Wesermarsch (AKW) der Anti-Atomkraft-Initiativen sagt. Den Namen des potenziellen Klägers verrät Meyer-Ott aber noch nicht.

Meyer-Ott rechnet zu 90 Prozent mit einer Klage. Doch bevor darüber entschieden wird, wollen etwa zehn Aktive des AKW sowie der BUND-Kreisgruppe und der Aktion Z den Bescheid sorgfältig durchlesen. BUND heißt Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Kreisvorsitzender ist Dr. Wolfgang Meiners; die Aktion Z wendet sich gegen das Zwischenlager am KKU, ihr Sprecher ist Jürgen Janssen.

Noch können die Atomkraft-Kritiker die Genehmigung aber nicht lesen, weil das Umweltministerium sie bislang nicht online veröffentlicht hat. „Wir sehen drei mögliche Klagepunkte“, sagt Hans-Otto Meyer-Ott. Der erste sind die geplanten Freimessungen, die es ermöglichen, dass leicht radioaktiv belasteter Abfall auf Deponien wie etwa Käseburg, Driftsethe, Mansie oder Wiefels abgelagert werden kann. Weitere Punkte sind Gefahren durch Klimawandel und Hochwasser.

Ein dritter Klagegrund könnte sich aus den Dissenzpunkten ergeben, die die Initiativen nach der Anhörung zum Rückbau im Februar 2016 in der Markthalle Rodenkirchen zusammengestellt haben; 10 dieser 20 Punkte haben sie bei einem Seminar vertieft. Dabei berät sie die Wiesbadener Rechtsanwältin Joy Hensel und der Berliner Physiker Wolfgang Neumann.

Bis zum 5. März muss die Klage eingereicht sein, zehn Wochen später muss die Klageschrift vorliegen. Sie soll im April bei einem weiteren Seminar vorbereitet werden.

Almut Zyweck von Preussen-Elektra dagegen setzt darauf, dass es jetzt endlich losgehen kann. „Die Mannschaft hat sich seit 2012 auf diesen Tag vorbereitet“, sagt sie.

Und auch Bürgermeister Klaus Rübesamen blickt nach vorn. „Es muss endlich so weit kommen, dass wir nicht den sicheren Einschluss haben, sondern den direkten Rückbau“, sagt der Sozialdemokrat. „Dann bekommen wir eines Tages auf dem Gelände die grüne Wiese.“

Quelle: nwzonline.de vom 06.02.2018 von Henning Bielefeld

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