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Mehrweg statt Pappe als Ziel

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Der Unterwegskaffee lässt sich auch umweltfreundlich genießen – Unterschiedliche Lösungsansätze

HANNOVER. Austrinken und ab in die Tonne! Das geschieht jeden Tag unzählige Male. Der „Coffee to go“ im Pappbecher ist bei Kaffeetrinkern beliebt. Es gibt ihn auf dem Weg zur Arbeit und für die spontane Kaffeepause an fast jeder Ecke schnell auf die Hand. Das hat Folgen: Papierkörbe quellen über, Parks und Spielplätze vermüllen. Tausende Tonnen Müll fallen durch Einwegbecher jedes Jahr an. Recyceln lassen sie sich nicht. Die Alternative: Pfand-Becher, die sich viele Male befüllen lassen. Diese gibt es inzwischen in vielen Städten. Aber wie kommen die bei Kaffeetrinkern an? Und was sagen die Umweltschützer?

Fast drei Milliarden Kaffeebecher aus Pappe zur einmaligen Verwendung landen Jahr für Jahr direkt im Müll, Tendenz steigend. Dass das nicht gerade umweltfreundlich ist, liegt auf der Hand. Die Deutsche Umwelthilfe wünscht sich deshalb ein nationales Pfandsystem. Foto: Warnecke/dpa

> Beispiel Hannover: „Hannocino“ heißt der rote Mehrwegbecher in Hannover, den es für zwei Euro Pfand in 150 Cafés und Geschäften gibt. Er besteht überwiegend aus Bestandteilen, die biologisch abbaubar sind. Im August 2017 haben Hannover und Aha den „Hannocino“ eingeführt. 50.000 sind zurzeit im Umlauf und könnten nach Schätzungen des Zweckverbands Abfallwirtschaft Region Hannover (Aha) mindestens 5,2 Millionen Pappbecher im Jahr einsparen helfen. Gefragt ist das Mehrweg-System vor allem in der Innenstadt und in Szene-Vierteln. „Es geht auch immer darum: Wie aufgeklärt sind die Menschen und wie sehr setzen diese auf Nachhaltigkeit?“, sagt Aha-Sprecherin Helene Herich.

> Beispiel Oldenburg: Auch in Oldenburg seien zunehmend mehr Menschen mit einem Pfandbecher in der Hand unterwegs, sagt Stadtbaurätin Gabriele Nießen. Im September 2017 hat Oldenburg ein Mehrweg-System eingeführt. 50 Geschäfte geben die 8500 Becher mit Stadt-Silhouette gegen einen Euro Pfand aus. Doch das System sei noch nicht bei allen Kunden angekommen, sagt Nießen. „Wenn die Becher nicht vorne auf der Theke stehen und offensiv angeboten werden, läuft es schlechter.“ Deshalb will Oldenburg jetzt noch einmal alle Gastronomen anschreiben.

> Die Umweltschützer: Ob Hannover oder Oldenburg, in keiner Stadt funktionieren Mehrwegbecher-Systeme perfekt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht sie trotzdem als Erfolg. „Die Erfahrungen werden auf lokaler Ebene gemacht“, sagt DUH-Sprecher Thomas Fischer. Ziel müsse ein nationales Pfandsystem sein. „Die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen. Die Benutzung der Mehrwegbecher muss so einfach sein wie die der Einwegbecher.“ Von denen landen jährlich fast drei Milliarden auf dem Müll, Tendenz steigend. Deshalb sieht Fischer auch die Politik gefordert: Unternehmen und Kunden müssten mehr bezahlen, wenn sie Einweg statt Mehrweg benutzen.

> Das Start-up: Ein nationales Pfandsystem für Mehrwegbecher wollen auch Fabian Eckert und Florian Pachaly erreichen. Ihr Plan: den Einwegbecher komplett verbannen. „Das ist etwas, was so unglaublich unnötig ist“, sagt Eckert. Deshalb entwickelten die Jungunternehmer den „Recup“, einen Mehrwegbecher aus stabilem Kunststoff. Im September 2016 starteten sie ihr Pilotprojekt. Seitdem hat es mehr als 20 Städte erreicht, darunter auch Oldenburg und Hamburg.

> Die Alternative: Pfandbecher für den Kaffee auf die Hand sind nachhaltiger als Pappbecher. Doch auch ihre Herstellung und das Recycling verschlingen Ressourcen. „Den eigenen Mehrwegbecher dabei zu haben, wäre natürlich ökologisch das Beste“, sagt Julia Post, die 2015 die Initiative „Coffee to go again“ gegründet hat. Cafés, die daran teilnehmen, füllen Kaffee nicht nur in mitgebrachte Becher ab, sondern belohnen Kunden dafür zum Beispiel mit einem Rabatt. Mehr als 500 Betriebe in Deutschland tragen inzwischen das Logo der Kampagne. Doch seinen eigenen Becher die ganze Zeit mitschleppen wollen die wenigsten. Nur ein Bruchteil der Verbraucher sei dazu bereit, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. „Das ist den meisten zu viel Aufwand.“ Und spontan ist der „Coffee to go“ dann auch nicht mehr. Denn an den Becher muss man schon vorher denken. Einfacher wäre es, den Kaffee mal wieder in aller Ruhe im Café zu genießen. Ganz ohne „to go“.


Gute Becher

Der Kaffee-Pfandbecher „Hannoccino“ steht in Hannover in 150 Cafés, Geschäften und Bäckereifilialen auf dem Tresen. Er besteht überwiegend aus Bestandteilen, die biologisch abbaubar sind. 50.000 sind zurzeit im Umlauf und ersetzen 5,2 Millionen Pappbecher im Jahr. Foto: Dittrich/dpa

> Immer mehr Menschen setzen auf eigene Mehrwegbecher. Aber welches Modell und welches Material ist das beste?

> Symbole: Das Glas-und-Gabel-Symbol kennzeichnet Materialien, die für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Wenn der Verwendungszweck eindeutig erkennbar ist, darf das Symbol aber auch fehlen. Aufmerksamkeit verdienen Informationen wie Temperaturangaben. Wenn die Verpackung einen Temperaturbereich angibt, sollte der nicht über- oder unterschritten werden. Sonst können sich gesundheitsschädliche Bestandteile lösen und in das Getränk übergehen.

> Material: Edelstahl für den Bau, Porzellan fürs Büro, sagen Experten. Wer den Becher viel mit sich herumträgt, kann auch zum Becher aus Polypropylen greifen. Vorsicht bei Aluminium: Das Material ist zwar sehr robust, wenn der Inhalt aber sehr heiß und dazu noch fettig oder gar salzig ist, kann sich Aluminium lösen und in den Kaffee oder die Mittagssuppe geraten. Auch Melamin ist kaum geeignet. Der Kunststoff ist zwar besonders bruchsicher und wird daher häufig zu Kinder- oder Campinggeschirr verarbeitet. Doch ab einer Temperatur von 70 Grad werden Melamin und Formaldehyd freigesetzt und gehen ins Getränk über. Das geschieht beim Einfüllen heißer Flüssigkeiten, dem Erhitzen in der Mikrowelle und beim Reinigen in der Spülmaschine bei hohen Temperaturen. Im Handel finden sich auch vermeintlich umweltfreundliche Produkte aus Bambus. Die bestehen aber häufig zum größten Teil aus Melamin und sind nicht recycelbar.

> Deckel: Ein Problem. Einen gewissen Schwappschutz bieten zwar alle, aber bedenkenlos in der Tasche oder im Rucksack transportieren lässt sich kein Modell. Zu beachten ist auch das Material. Weiche Deckel etwa aus Silikon enthalten Weichmacher. Besser sind daher Deckel aus hartem Kunststoff. (dpa)

Quelle: Nordsee-Zeitung vom 15.05.2018 von Irena Güttel

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