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Werden meine Deiche vor der Haustür noch halten?

Journalistin Annika Joeres zur Aktionswoche „Klimawandel im Norden“

Wird das Cuxland bald untergehen? Nur eine von vielen Fragen, die das Journalisten-Kollektiv „Correctiv“ ab Montag mit Experten und Betroffenen öffentlich diskutiert. Die Veranstaltungen in Cuxhaven stehen unter dem Motto „Klimawandel im Norden“. Moderatorin Annika Joeres kündigt im Gespräch mit Andreas Schoener unter anderem viele neue Erkenntnisse an.

Wenn Naturgewalten toben, vermitteln sichere Deiche ein gutes Gefühl – auch dies ist ein Thema bei der Klimawoche von „Correctiv“. Foto: Ulich

Für die, die es nicht wissen: Was ist eigentlich „Correctiv“?
„Correctiv e.V.“ ist die erste gemeinnützige Recherche-Redaktion in Deutschland. Wir leben von unseren Mitgliedern und von Spenden, werden nicht von Werbung unterstützt. Wir kümmern uns vor allem um langfristige Recherchen, die anderen Redaktionen zu zeitaufwendig, zu kompliziert oder zu teuer sind. Bei „Correctiv“ sind insgesamt rund 50 Profis beschäftigt, mit Sitz unter anderem in Essen, Berlin und Hamburg.

Ist es das erste Mal, dass Sie und Ihre Kollegen im Norden, also im Cuxland, aktiv werden?
Ja. Wir beschäftigen uns natürlich schon lange mit dem Thema Klimawandel. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist unsere Meeresanstiegskarte – und die betrifft natürlich den Norden, also die Küstenregion und damit auch den Landkreis Cuxhaven. Hier passt das Thema gut hin.

Alle reden übers Wetter – Sie jetzt auch. Was bringen Sie und Ihre Kollegen denn Neues mit?
Erst einmal die Meeresanstiegskarte. Anhand dieser Karte lässt sich gut ablesen, wo sich an Wohn- und Ferienorten der Meeresspiegel verändern wird. Die Gesprächspartner bei unseren Veranstaltungen werden auf leicht verständliche Weise über konkrete Auswirkungen von Klimawandel sprechen. Beispielsweise werden sie die Frage beantworten können, ob wir die Krabben in zehn Jahren noch vor der Nordseeküste fischen können oder aus fernen Ländern importieren müssen. Werden die Deiche vor der Haustüre noch halten? Und was sagen die Bürgermeister von hier? Haben sie konkrete Pläne in der Schublade, wie wir uns noch besser schützen können? Das wird spannend.

Annika Joeres, Journalistin von „Correctiv“ Foto: Marshall

»Es geht um Erfahrungen und Informationen aus der Lebenswirklichkeit, die uns weiterhelfen können bei der Recherche. «

Dürfen die Zuhörer mit überraschenden Erkenntnissen rechnen?
Mit Sicherheit. Ich gehe davon aus, dass unsere Gesprächspartner mit einigen Neuigkeiten aufwarten werden. Wenn Klimawissenschaftler und Praktiker berichten, darf man sich darauf freuen.

Wie lange haben Sie und Ihre Kollegen an der Vorbereitung der Aktionswoche im Besucherzentrum Wattenmeer gearbeitet?
Wir haben im Team mehrere Jahre daran gearbeitet, um die weltweite Meeresanstiegskarte mit aktuellen Daten zu unterfüttern. Das war sehr aufwendig.

Haben Sie im Zuge der Klima-Recherche festgestellt, dass in unserem Cuxland etwas besonders gut läuft? Oder vielleicht etwas besonders schlecht?
Was gut läuft, ist zweifelsohne der Küstenschutz, inklusive Deichbau. Diese Themen genießen hier „oben“ allerhöchste Priorität. Was schlechter läuft, ist unserer Ansicht nach die Tatsache, dass es einzelne Städte und Gemeinden gibt, die immer noch neue Wohngebiete ausweisen, obwohl sie eigentlich geografisch viel zu niedrig liegen und künftig nur mit erhöhtem finanziellen und technischen Aufwand trocken gehalten werden können.

Können Sie einzelne Städte und Gemeinden nennen?
Daran recherchieren wir noch. Es ist ein spannendes künftiges Thema.

In der Ankündigung zur Aktionswoche schreiben Sie, dass „Correctiv“ neben den Veranstaltungen einen sogenannten Crowdnewsroom plant. Was ist das?
Crowdnewsroom ist eine Plattform im Internet, die alle Bürger mit ihren Themen und Fragen zum Klimawandel füttern können. Dabei geht es um Erfahrungen und Informationen aus der konkreten Lebenswirklichkeit, die uns weiterhelfen können bei der Recherche. Wir haben das schon mal in Hamburg, Berlin und weiteren Städten gemacht. Damals ging es um die Frage, wem die Wohnungen gehören, die immer teurer werden. Das war sehr erfolgreich. Diesmal wollen wir es mit dem Thema Verkehr versuchen.

Was meinen Sie genau?
Bürger sollen uns im Crowdnewsroom beispielsweise davon erzählen, ob und wo sie oft und lange im Stau stehen. Wo erleben sie Probleme beim öffentlichen Personennahverkehr? Der Straßenverkehr und seine Emissionen sind eng mit dem Thema Klima verknüpft. Am Ende soll herauskommen, wie ein optimaler Personennahverkehr im ländlichen Raum aussehen kann, um den klimaschädlichen Individualverkehr zurückzufahren.

Wird es bei der „Klimawoche“ auch um Landwirtschaft gehen?
Beim Thema Küstenschutz ist Landwirtschaft mit betroffen. Schließlich geht es bei Küstenschutzmaßnahmen auch immer darum, ob weitere Flächen benötigt werden für mögliche Überflutungsszenarien. Und dabei wird dann darauf zu schauen sein, ob bei solchen Überflutungen möglicherweise noch mehr Nitrate ins Wasser gelangen als ohnehin schon. Klimaschutz betrifft viele Lebens- und Arbeitsbereiche. Auch die Landwirtschaft.

Was passiert mit den Ergebnissen, die Sie im Crowdnewsroom sammeln und auswerten?
Die werden wir weiterreichen. Zum Beispiel an die Landesregierung und an den Landkreis. Das hängt von der Teilnahme der Bürger ab und von der Menge der gesammelten Informationen. Die Ergebnisse sollen schließlich auch ihre Auswirkungen auf das konkrete Handeln haben. Deshalb freuen wir uns natürlich auf viele Besucher und Zuhörer. Jeder ist herzlich willkommen.

Quelle: Nordsee-Zeitung vom 01.06.2019 von Annika Joeres

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