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Das Meer bedroht Millionen

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Veranstaltungsreihe zum Klimawandel – Neue Pegelkarte in Cuxhaven vorgestellt

KREIS CUXHAVEN. Küstenbewohner können als erste den Klimawandel bezeugen: An der Nord- und Ostseeküste ist das Meer in den vergangenen Jahrzehnten schon zwischen 100 und 300 Millimeter angestiegen. Dies zeigt eine Pegel-Karte der gemeinnützigen Recherche-Redaktion Correktiv. Sie lädt in dieser Woche zu Veranstaltungen zum Thema Klimawandel nach Cuxhaven. Zum Start ging es am Montagabend um eine für viele Anwohner drängende Veränderung: Mit dem Klimawandel steigt das Meer immer schneller an, es rückt näher an unsere Küste und führt bei Sturmfluten zu größeren Schäden. Das viel schneller als früher steigende Meer bedroht in Deutschland nach Einschätzung des Bundestages rund drei Millionen Menschen, die in flachen Küstenregionen leben.

Am Pegel Cuxhaven ist das Meer in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen: Nach Berechnungen beträgt der Trend plus 2,7 Millimeter pro Jahr. Seit Beginn der Aufzeichnungen stieg hier der Pegel um insgesamt 328 Millimeter. Es ist wahrscheinlich, dass Überschwemmungen hier zunehmen und Stürme größere Schäden verursachen werden.
Quelle: maps4news.com/©HERE, Grafik: NZ/Gausmann, Maßstab: 1:1 198 400

Diese Prognose beschäftigt offenbar viele Bürger. Rund 70 Personen interessierten sich am Montag für die Diskussion zu steigenden Meeren im Besucherzentrum Wattenmeer in Cuxhaven. Sie sorgten sich beispielsweise darum, wie zuverlässig die Vorhersagen tatsächlich sind. „Dass die Meere steigen, ist unstrittig“, sagte Geophysikerin Susanne Nawrath vom Klimahaus im Bremerhaven. Nur um wie viele Zentimeter oder Meter, sei noch unbekannt, die wissenschaftlichen Schätzungen reichten von 30 Zentimetern bis zu mehreren Metern bis zum Jahr 2100. „Es hängt davon ab, wie viel CO2 die Menschheit noch in die Luft blasen wird. Eigentlich hat sich Deutschland beispielsweise darauf verständigt, die CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren und bis 2050 nahezu ganz herunterzufahren. Bis dahin ist es aber noch ein weiter, aber lohnender Weg“, so Nawrath.

Zuletzt mussten die Forscher des Internationalen Klimarates ihre Prognosen immer wieder nach oben schrauben. Erst in diesem Frühjahr sagte das Bundesumweltamt: „Viele globale Risiken treten bei geringeren Temperaturerhöhungen auf als noch 2014 angenommen.“ Dies bedeutet: Sturmfluten könnten noch häufiger auftreten als bislang geglaubt. Dazu schrumpft das Wattenmeer weiter, weil einige Flächen selbst bei Ebbe permanent überspült werden.

»Dass die Meere steigen, ist unstrittig. Nur um wie viele Zentimeter oder Meter, ist noch unbekannt. « Susanne Nawrath, Geophysikerin am Klimahaus in Bremerhaven

Correctiv hat das Problem in seiner interaktiven Karte veranschaulicht. Die Redaktion nutzte für seine Weltkarte die umfassendsten Daten, die es derzeit gibt: Seit dem Jahr 1933 hat eine britische Behörde, der Permanent Service of Mean Sea Level (PSMSL), die Fluthöhen von Häfen in aller Welt gesammelt. An mehr als 2000 Orten weltweit haben die Briten Pegelmesser aufgestellt und sie zum Teil im Monatsrhythmus abgelesen. Es ist die Methode, die über den längsten Zeitraum die Folgen des weltweiten Klimawandels erfasst. Satellitengestützte Messungen begannen erst ab dem Jahr 1993. Die Recherche-Redaktion hat 500 Orte, die besonders gut dokumentiert sind, auf einer Weltkarte markiert und visualisiert, wie das Meer dort seine Höhe verändert.

Im Vergleich zu asiatischen Küstenstädten mit jährlichen Anstiegen bis zu 10 Millimetern kommen die norddeutschen bislang noch relativ glimpflich davon: Aber auch in Cuxhaven an der Nordsee, in Warnemünde und Wismar an der Ostsee stieg das Wasser seit Beginn der Aufzeichnungen um mehr als 200 Millimeter. „Um die Deiche zu halten, müssen wir künftig deutlich mehr Geld investieren“, sagt Jürgen Schubel, Vorsitzender des Deichverbandes Cuxhaven. Schubel sprach schon in seiner Kindheit mit seinem Vater über die steigenden Meere, vielleicht ist er daher besonders optimistisch. „Wir leben hier sicher hinter den Deichen – und können jederzeit noch etwas draufschlagen, falls das Meer steigt.“

Bauen mit Klimazuschlag
Schon seit 20 Jahren baut das Landesamt für Küstenschutz Deiche mit einem sogenannten Klimazuschlag. Das bedeutet: Jeder Deich wird heute so berechnet, dass er eine Jahrhundertflut auch mit einem 50 Zentimeter höheren Meeresspiegel bis 2100 aushalten kann. Entsprechend teuer ist es, die bislang rund 1000 Kilometer langen Deiche, die die Menschen in Niedersachsen schützen, zu halten und aufzurüsten: Allein 2018 wurden rund 61,6 Millionen Euro investiert.

„Im Grunde genommen muss der Küstenschutz mit dem Klimawandel künftig zur nationalen Aufgabe werden“, sagte Schubel. Viele Anwohner waren nicht so optimistisch wie der Deichbauer. Gerade diejenigen aus Sahlenburg, dort, wo auch das Wattenmeer-Besucherzentrum liegt, sorgen sich: Sie schützt bislang kein Deich vor den Wassermassen. Der Klimawandel könnte nun seine Planung beschleunigen.

› Auch der NDR kooperiert mit Correctiv. Bei YouTube läuft eine sechsteilige Doku (#wetterextrem Alle Folgen)
› Die Weltkarte findet man unter https://searise.correctiv.org/

Quelle: Die NORDSEE-ZEITUNG vom 05.06.2019 von Annika Joeres

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