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Das zähe Aus der Atomkraft

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Der Rückbau eines Kernkraftwerks sei eine hochgradig interessante Aufgabe, sagt Gerd Reinstrom, der Leiter des Kernkraftwerks Unterweser (KKU): „Langeweile kommt nicht auf, es gibt jederzeit neue Herausforderungen.“ Im Februar 2018 hat Preussen Elektra damit in Kleinensiel begonnen. Seit Ende Januar werden die Einbauten im Reaktordruckbehälter ausgebaut.

Die Einbauten des Reaktordruckbehälters werden ausgebaut. Das erfolgt unter Wasser mit Sägen, die ferngesteuert sind. Foto Preussen Elektra

Als die „drei Meilensteine“ der vergangenen zwei Jahre nennt Gerd Reinstrom die Brennstofffreiheit des KKU seit Februar 2019, den Beginn der Arbeiten an den Einbauten im Reaktordruckbehälter und das betriebsbereite Lager Unterweser für Abfälle (Luna). „Wir blicken mit ein wenig Stolz auf das Erreichte zurück“, sagt er.

Drei der vier Quadranten im sogenannten Ringraum zwischen Stahlkugel und der Wand des Reaktorgebäudes sind bereits entkernt. Der vierte Quadrant soll bis Herbst freigeräumt sein. Diese Arbeiten dienen dazu, im Ringraum Platz zu schaffen, um dort ein Reststoffbehandlungszentrum einzurichten.

Drei Quadranten des Ringraums sind inzwischen freigeräumt. So wurde auch der Betonsockel des schon lange nicht mehr benötigten Flutbehälters zersägt. Foto Preussen Elektra

So wurden zum Beispiel Betonsockel des Flutbehälters zersägt, der schon lange nicht mehr benötigt wurde, um die Störkanten zu beseitigen und eine ebene Bodenfläche zu schaffen. An anderer Stelle wurden Setzsteinwände entfernt. „Jeder Stein hat eine Kennzeichnung, er wird ausgemessen und dokumentiert.“, sagt Gerd Reinstrom. Wie jedes Material, das ausgebaut wird. So ist es vorgeschrieben.

Es werden zwölf Behandlungsstationen für das Material – Rohre, Kabel, Metall – aufgebaut. So für das Zerkleinern und Zerlegen, das Reinigen und den Materialausgang. Das Ziel: von schmutzigem zu sauberem Material. Das durchläuft dann eine Freimessstation. Denn es soll dem Wertstoffkreislauf zugeführt werden.

Umfangreicher Prüfprozess

Dafür ist ein umfangreicher Prüfprozess vorgeschrieben: „Nichts verlässt das Kernkraftwerk, was nicht der Prüfung von Behörden und Gutachtern unterzogen wurde“, sagt Gerd Reinstrom. Und es muss eine vollständige Dokumentation für das Material vorliegen. Auch der Aufbau der einzelnen Stationen wird gutachterlich begleitet. Im Moment gibt es eine kleine Lösung: Das Material lagert in Mulden im Kontrollbereich. Mit dem Reststoffbehandlungszentrum soll gestartet werden, wenn alle Stationen in Betrieb sind. Das soll im ersten Quartal des kommenden Jahres sein.

Das Lager Luna – hier der neue Verladebereich – wurde nach 23 Monaten Bauzeit fertiggestellt und betriebsbereit an den Bund übergeben Foto Preussen Elektra

Das freigemessene Material soll später, so das Ziel von Preussen Elektra, auf der Deponie Käseburg eingelagert werden. Noch immer wird geprüft, ob die Deponie dafür geeignet ist. Ein erneut überarbeiteter Einzelnachweis wurde den Genehmigungsbehörden vor Ostern übergeben. Wiederholte Bearbeitungen seien üblich, so Gerd Reinstrom: „Genauigkeit geht vor Schnelligkeit.“

Im Reaktordruckbehälter ist im Januar mit dem Ausbau der Einbauten begonnen worden. Zu den Einbauten im Reaktordruckbehälter gehören maßgeblich Einrichtungen, die die Brennelemente im Behälter fixiert und die Durchströmung mit Kühlmittel sichergestellt hatten. Ausbau und Zerlegung mit Sägen erfolgen ferngesteuert unter Wasser. „Seit dem ersten Schnitt laufen die Arbeiten sehr professionell und erwartungsgemäß“, sagt Gerd Reinstom. Mitte 2021 sollen alle Einbauten entfernt sein.

Nächster Schritt ist dann die Zerlegung des Reaktordruckbehälters selbst, der 13 Meter hoch ist und einen Durchmesser von fünf Metern hat. Das Projekt wird intensiv vorbereitet. Die Firmen GNS und Höfer & Bechtel übernehmen dies. Anderthalb Jahre wird die Zerlegung des Reaktordruckbehälters dauern. Dafür benötigt Preussen Elektra eine weitere Rückbaugenehmigung, die beantragt ist. Gerd Reinstrom rechnet damit, dass die Genehmigung im Laufe des Jahres erteilt wird.

23 Monate Bauzeit

Die Einbauten, die derzeit entfernt und zersägt werden, werden im ehemaligen Brennelementbecken zwischengelagert. Dann erfolgt ihre Beladung in sogenannte Konrad-Behälter und die Überführung in das Lager Luna. Das dient der Aufbewahrung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Das Lager wurde nach 23 Monaten Bauzeit fertiggestellt und am 17. April an die staatliche Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) übergeben. Etwa 70 Container werden es sein, die später in Schacht Konrad kommen sollen.

Bereits entkernte Räume, die Platz für das Reststoffbehandlungszentrums werden, werden hergerichtet. Foto Preussen Elektra

Viele der Projekte, die beim KKU laufen, sind Pilotprojekte für den Rückbau weiterer Kernkraftwerke der Preussen Elektra. Nach zwei Jahren Rückbauphase am Standort Unterweser sagt Gerd Reinstrom, dass die Prozesse sich etabliert hätten. Das gelte auch für das Vorgehen in Sachen Arbeitssicherheit auf der Baustelle. Es gab keinen meldepflichtigen Unfall.

164 Mitarbeiter hat Preussen Elektra am Standort Unterweser. Ihre Zahl wurde „sozial verträglich“ reduziert, wie es heißt. Es gab aber auch zwölf Neueinstellungen für Strahlenschutz und Entsorgung. Rund 180 Mitarbeiter von Fremdfirmen sind im KKU tätig. Diese Zahl wird im kommenden Jahr auf 220 bis 250 anwachsen, nämlich „wenn die Reststoffbehandlungsanlage in Betrieb geht“, wie der KKU-Leiter erläutert.

Das sei aber abhängig von der Corona-Krise, die auch für Preussen Elektra ein großes Thema ist. Die Rückbauarbeiten erfolgen unter schärfsten Schutzmaßnahmen. „Wir haben frühzeitig umfangreiche Maßnahmen ergriffen“, sagt Konzern-Pressesprecherin Almut Zyweck. Die Revision in Grohnde sei vom Ministerium untersagt worden, weil das 1.000 zusätzliche Kräfte auf der Anlage bedeutet hätte.

Preussen Elektra selbst hatte neun infizierte Mitarbeiter. Beim KKU gab es zwei Fälle beim eigenen Personal und bei einem Dienstleister. Die Betroffenen und deren Kontaktpersonen wurden rechtzeitig unter Quarantäne gestellt. „Wir hatten nicht einen Infektionsfall im Kraftwerk“, betont Gerd Reinstrom und versichert, dass alle Beschäftigten zwei Meter Abstand einhalten und Mitarbeiter in den Büros verteilt wurden. Zudem trage seit Wochenbeginn jeder einen Mund-Nasen-Schutz.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 27.04.2020 von Gabriele Gohritz

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