BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Hier gibt es alles unverpackt

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Erster Laden im Kreis öffnet in Hagen am 16. April –
Wie früher bringen die Kunden eigene Gefäße mit

HAGEN. Lose Gewürze in Apothekergläsern, duftende Seifen: Einige Produkte bietet Naturkostladen-Inhaberin Rita Hogrewe schon jetzt „unverpackt“ an. Doch ab 16. April startet sie zusätzlich zum bestehenden Geschäft auf 150 Quadratmetern einen eigenen „Unverpackt“- Laden in Hagen. Der erste seiner Art im Landkreis. Ihre Botschaft ist: Tschüss Plastikmüll!

Naturkostladen-Inhaberin Rita Hogrewe hat eine weitere Ladenfläche angemietet. Dort öffnet bald der erste Unverpackt-Laden. Fotos: Gehrke

Rita Hogrewe hat unweit ihres bestehenden Geschäfts im Gewerbegebiet das leer stehende Ladenlokal eines ehemaligen Modegeschäftes am Amtsdamm 74 übernommen. Noch sind von außen die Scheiben mit Papier verklebt. Doch wenn Hogrewe durch die Tür des leeren Geschäfts tritt, sieht sie vor ihrem inneren Auge schon genau, wie es hier zur Eröffnung am 16. April aussehen soll.

Bis dahin soll der Tischler sich noch mächtig ins Zeug legen und eine Theke sowie Holzpodeste bauen, auf denen Lebensmittelspender aus Glas stehen. Auch Bänke sind geplant. Alles soll hell und einladend wirken – und plastikfrei daherkommen. „Das wird ein wunderschöner Laden“, ist sich die Hagenerin sicher. Die Kunden bringen ihre Körbe, Gefäße und Vorratsdosen mit, wiegen diese am Eingang und dürfen sie dann befüllen. Am Ende wird noch einmal gewogen und bezahlt.

Essig und Öl „zapfen“

Hogrewe will alles unverpackt anbieten, was das Herz begehrt: Dazu gehören Nüsse, Trockenfrüchte, Reis, Linsen, Getreide, aber auch Essig und Öl zum „Zapfen“. „Wir wollen auch Shampoo und Waschmittel zum Abfüllen anbieten“, so Hogrewe. Dazu kommen noch plastikfreie Produkte und Haushaltswaren wie Bürsten und Staubwedel, Brotdosen und Karaffen.

Es geht auch ohne Plastik: Wie diese duftenden Seifen (Foto) gibt es im „Unverpackt-Laden“ von Rita Hogrewe alles ohne Tüten.

Für Hogrewe erfüllt sich mit dem „Unverpackt“-Laden ein kleiner Traum. „Die Idee habe ich schon lange, jetzt hat sich die Gelegenheit geboten“, berichtet die Geschäftsfrau. Sie informierte sich und besuchte Unverpackt-Läden unter anderem in Bremerhaven und Bockhorn. Die 57-Jährige ist überzeugt, dass auch im ländlichen Raum zwischen Bremerhaven und Bremen die Nachfrage da ist. „Alles, was früher gut war, kommt zurück“, sagt sie. Früher, als ihr Vater noch in einem Lebensmittelgeschäft arbeitete, sei es doch genauso gewesen. Die Kunden hätten die eigene Milchkanne mitgebracht.

Wer heute „unverpackt“ einkaufe, leiste einen wichtigen Beitrag, da weniger Plastik hergestellt werde und weniger Plastik als Müll in die Umwelt gelangen könne.

Außerdem habe jeder die Möglichkeit, genau die Mengen zu kaufen, die er brauche. Es gebe ja immer mehr Single-Haushalte. So vermeide man, dass am Ende Lebensmittel in der Tonne landen.

Sollte der Start von „Lebenswert unverpackt“ erfolgreich verlaufen, hat Hogrewe schon gleich weitere Ideen, die sie gern umsetzen möchte. Sie könne sich ebenso gut vorstellen, mit einem Lieferservice per Lastenrad zusammenzuarbeiten. Und auf der großen Freifläche vor dem Laden lassen sich aus ihrer Sicht im Sommer kleinere Aktionen veranstalten. Auch Schülerprojekte wie „Vom Korn zum Brot“ sind denkbar. Der Laden soll im besten Fall auch einen kleinen Bewusstseinswandel anstoßen. „Wir müssen jetzt alle etwas gegen die Müllberge machen“, findet die Geschäftsinhaberin, die seit 13 Jahren den Naturkostladen in Hagen betreibt. (lit)


3 Fragen an . . .

Bernd Quellmalz, Geschäftsführer BUND Unterweser Foto BUND

Herr Quellmalz, wie groß ist unser Müllproblem inzwischen? Laut Umweltbundesamt haben seit 2000 die Verpackungen um 23 Prozent zugenommen. Mit 18,7 Millionen Tonnen Verpackungsabfall in 2017 ist Deutschland in Europa negativer Spitzenreiter. Infolge der Corona-Pandemie kam es 2020 bundesweit nochmals zu mehr Abfall durch Leichtverpackungen und Altglas von fünf bis zehn Prozent. Bei der Recyclingquote dieser Abfälle ist noch viel Luft nach oben. Für Mensch und Natur verheerend ist, dass jährlich weltweit zehn Millionen Tonnen Plastik im Meer landen. Dort schädigen sie Seevögel und Meeressäuger, und das Mikroplastik reichert sich in der Nahrungskette an. An oberster Stelle muss stehen, Abfall zu vermeiden, noch vor der Wiederverwendung und dem Recycling. Hier sind Politik und auch wir Verbraucherinnen und Verbraucher gleichermaßen gefordert.

Welche Vorteile haben Unverpackt-Läden? Jeder Verzicht auf kurzlebige Einmalprodukte bedeutet Abfallvermeidung. Deshalb rufen wir gerne Bürgerinnen und Bürger auf, bewusst einzukaufen und Produkte mit der geringsten Verpackung zu bevorzugen. Ein Unverpackt-Laden ist dabei eine große Hilfe, weil hier bewusst auf überflüssige Verpackungen verzichtet wird. Dort, aber auch auf Wochenmärkten, lässt sich lose Ware sehr gut in eigenen, mitgebrachten Behältern abfüllen.

Auf welchen kritischen Blick darf man bei Unverpackt-Läden nicht verzichten? Jede Initiative, um Abfall zu vermeiden, ist absolut zu begrüßen. Ein Unverpackt-Laden leistet einen aktiven Beitrag zur Problemlösung und sensibilisiert gleichzeitig dafür, unser Einkaufsverhalten zu überdenken. Allerdings kann der Begriff „Unverpackt“ auch in einem Punkt in die Irre führen. Denn die Ware auch im Unverpackt-Laden muss irgendwie dorthin geliefert werden, und das geht nicht ohne Verpackung. Wichtig ist deswegen, dass bei der Lieferung wiederverwendbare Verpackungen, Kartons oder Boxen eingesetzt werden. Nur so ist das Ziel eines Unverpackt-Ladens vollständig zu erreichen.

In Bremerhaven

› Der einzige „Unverpackt“-Laden in der Region liegt in Bremerhaven an der Bürgermeister-Smidt-Straße 196. Fiona Brinker und Anne Bink betreiben den „Glückswinkel“ dort. Anne und Mario Bink sind auch mit einem Wagen auf einigen Wochenmärkten im Landkreis und in Nordenham vertreten und bieten dort unverpackte Lebensmittel an.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 15.03.2021 von Jens Gehrke

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