BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

AKW geht’s an den Kragen

| Keine Kommentare

Firma aus dem Cuxland startet mit sichtbarem Abriss des ehemaligen Kernkraftwerks an der Elbe

Kreis Cuxhaven/Stade. Der Rückbau des Stader Kernkraftwerkes ist in eine neue Phase eingetreten: Jetzt beginnt der nach außen sichtbare Abriss. Ende 2026 soll das 120 Hektar große Gelände frei sein – für eine neue Nutzung. Ein Cuxländer spielt eine wichtige Rolle.

Die Schere des Baggers beißt sich durch den Stahlbeton des „unabhängigen Notstandsgebäudes“ direkt neben der AKW-Kuppel. Fotos: Strüning

Wenn Jörg Freimuth gerufen wird, rückt er mit schwerem Gerät an. Der Abriss- und Recycling-Unternehmer aus Bülkau (Land Hadeln) ist ein bundesweit gefragter Spezialist und auf vielen Baustellen zu Hause. Sein Betrieb zählt 470 Mitarbeiter. Und einen großen Maschinenpark.

In Bassenfleth bei Stade, direkt an der Elbe, ist er mit einer 15 Mann starken Truppe angerückt und mit einem LongFront-Bagger, der 110 Tonnen auf die Waage bringt, einen 35 Meter langen Ausleger hat und eine 5,5 Tonnen schwere Schere bedient. Damit beißt sich der Baggerfahrer durch die 80 Zentimeter dicken Betonwände eines bunkerähnlichen Gebäudes.

Es handelt sich um das „unabhängige Notstandsgebäude“ des AKW, das Ende der 1980er Jahre direkt neben der großen Betonkuppel hochgezogen wurde. In ihr schlummerten zwei große Dieselmaschinen, die für den Fall eines Zwischenfalls zum Einsatz gekommen wären zur Kühlung des Produktionsprozesses. Die Anlage hätte von hier aus automatisch in den sicheren Abschaltzustand gebracht und über längere Zeit gehalten werden können, so die Preussen Elektra.

Die Systeme bestanden aus Pumpen mit Dieselaggregaten. Außerdem wäre es möglich gewesen, über die Ersatzwarte das Kraftwerk zu steuern. Das rechteckige Gebäude war gegen Hochwasser, chemische Explosionen und Flugzeugabstürze geschützt. In Betrieb genommen worden sei es nie.

Der Bunker ist einer von 17 Aufträgen, den Preussen Elektra ausgeschrieben und an das Unternehmen Freimuth vergeben hat. Bis Ende 2024 werden die Abrissarbeiten andauern, so der Plan. Es handelt sich um die Gebäude rund um die Kuppel. „Die Skyline von Bassenfleth wird sich entscheidend verändern“, sagt der Technische Leiter am Kernkraftwerk Stade, Marco Albers aus Harsefeld, mit einem Lachen. Das gilt vor allem dann, wenn womöglich ab 2025 die weithin sichtbare Betonkuppel des Kraftwerk-Komplexes von den Spezialbaggern in Angriff genommen wird.

Verfolgen den Abriss-Start (von links): Marco Albers und Thomas Mandrysch von Preussen Elektra sowie Jörg Freimuth und Enrique Deklat vom Abrissunternehmen

Unter der großen Kuppel wird noch gearbeitet

Hier laufen noch die letzten Arbeiten des extrem aufwendigen Rückbaus im Inneren, wo immer wieder auf radioaktive Strahlung geachtet werden muss. Sicherheit schwebt über allem. Das geht ins Geld und kostet Zeit. „Das ist kein Standard, was wir hier machen“, sagen Albers und Abriss-Projektleiter Thomas Mandrysch. Sie seien ständig in Kontakt mit den Behörden, ob die atomrechtliche Aufsichtsbehörde in Hannover, die Stadt Stade oder der Deichverband.

Das AKW war im Jahr 2003 abgeschaltet worden, im September 2005 lag die erste Abbaugenehmigung vor. Erfahrungen mit der hochkomplexen Deinstallation der nuklearen Anlagenteile sammelten die Experten seitdem zuhauf. Der ehemalige Stader Meiler fungiert als bundesweites Pilotprojekt. Mehr als eine Milliarde Euro kostet der Rückbau. Immer noch gehen hier 200 Werktätige täglich ein und aus, 40 davon von der Preussen Elektra selbst.

Für das attraktive 120 Hektar große Gelände, direkt am Schifffahrtsweg der Elbe gelegen, hat die Preussen Elektra neue Pläne, die noch nicht ganz spruchreif sind. Fest steht: Die bislang viel zitierte grüne Wiese wird es nicht lange geben. Das liegt schon allein an Lara.

Lara, das Lager für radioaktive Abfälle, ist 66 Meter lang, 25 Meter breit, 13 Meter hoch und hat eine Genehmigung bis 2046. Hier lagern knapp 700 Behälter. 5.000 Tonnen, zwei Prozent der gesamten Masse aus dem Rückbau, sind kontaminiert und müssen zwischengelagert werden – bis die Bundesregierung eine endgültige Lösung gefunden hat.

Die Pläne: statt grüner Wiese neue Industrie

Preussen Elektra steuert derweil eine neue industrielle Nachnutzung im Bereich Energie an. Dabei könnte es sich um Anlagen zur Solarstromerzeugung handeln oder zur Energiespeicherung. Das Konzept dazu sei in Arbeit. Marco Albers: „Eine Feriensiedlung wird es hier nicht geben.“ (skw)

Quelle Nordsee-Zeitung vom 14.04.2023 von Lars Strüning

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.