BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Fast-Fashion-Müllberge

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1. Afrikas Second-Hand-Alptraum
2. Müllhalde für Fast-Fashion

Hunderte Tonnen Second-Hand-Kleidung landen täglich allein in Ghana. Doch viel davon wandert in den Müll. Die Billigware ist längst zu einer Gefahr für Natur und Mensch geworden.

Afrikas Second-Hand-Alptraum Foto: Bernswaelz / Pixabay

Am Strand, in den Straßenecken, an Ortsrändern: meterhoch aufgetürmte Berge an Klamotten. Oft steigt Rauch auf, die Altkleider brennen – es sind verzweifelte Versuche, die Tonnen alter Textilien loszuwerden. Anwohner klagen über den Gestank, Kopfschmerzen und andere Beschwerden. Über Second-Hand-Kleidung freuen sich in Ghana längst nicht mehr alle.

„Ich muss auf meine Finanzen achten“

Das Problem entsteht zum Beispiel auf dem Kantamanto-Markt in Ghanas Hauptstadt Accra, einem großen Umschlagplatz für Ware aus dem Westen. Hier versuchen Einheimische, Schnäppchen zu ergattern. Die Fast Fashion kommt aus Europa, Asien oder Nordamerika. Ein Shirt, eine Bluse oder Hose für etwa zwei Euro pro Stück: Dafür ist auch die 24-jährige Mary Addae auf den Markt gekommen.

Es sei hier viel erschwinglicher als in den Geschäften, sagt die junge Frau – und nicht nur für sie: „Viele Ladenbesitzer selbst, die Klamotten verkaufen, kommen hierhin, um die Auswahl für ihre Geschäfte zu kaufen.“ Deswegen komme sie selbst auch lieber früh morgens hierher, als in Geschäfte zu gehen. „Ich muss auf meine Finanzen achten und darauf, was ich mir leisten kann.“

Gute Ware zu finden ist Glückssache

Täglich kommen auf dem Kantamanto-Markt in Accra tonnenweise Klamotten an. Mit schnellen Handgriffen schneiden Händler die riesigen verschnürten Pakete auf, sortieren die Kleiderhaufen nach Qualität. So wie Abraham Bonsu. Kiloweise und in bis zu 100 kg schweren, eng gepackten Plastikballen kaufe er seine Ware, erzählt der Händler.

Nicht immer habe er Glück. „Den Haufen, den wir hier ausgepackt haben – das ist alles Müll“, erklärt Bonsu. „Das schmeißen wir weg oder wir legen es zur Seite und jemand holt es für umsonst ab oder wir verkaufen es an jemanden, der es ganz weit weg verkauft. Aber wenn du so dein Geld verlierst, kriegst du es nicht zurück.“

Fast Fashion verschmutzt die Umwelt

Viele Händler wie Bonsu klagen, dass fast die Hälfte der Klamotten für den Weiterverkauf unbrauchbar seien und direkt auf dem Müll landeten. Das sei zum großen Umweltproblem in Ghana geworden, sagt Justice Lee Adoboe. Er ist Mitglied des Ghana Water and Sanitation Journalists Network (GWJN). Die Nichtregierungsorganisation versucht, auf das Problem aufmerksam zu machen. Adoboe sagt, die Billig-Second-Hand-Industrie mache nicht nur die heimische Textilindustrie kaputt.

Die Folgen für Natur und Mensch seien katastrophal. „Manche der Klamotten werden einfach in Flüssen entsorgt – und da liegt die Gefahr“, sagt Adoboe. „Denn einige der Materialien enthalten Färbemittel und so weiter. Die Chemikalien gelangen in unsere Gewässer und werden dann von Menschen als vermeintlich sicheres Wasser getrunken.“ Andernorts verstopften die Tonnen an Klamotten Gewässer und sorgten somit sogar für Überschwemmungen.

Zu viel Abhängigkeit von Textil-Importen

Ghana ist kein Einzelfall – auch andere afrikanische Staaten haben ähnliche Probleme. Manche, wie das ostafrikanische Ruanda, haben deswegen schon vor Jahren ein Importverbot auf Second-Hand-Ware verhängt. Auch für Ghana sei das denkbar, sagt Justice Lee GWJN-Aktivist Adoboe. Allerdings fehle es dazu aktuell an politischem Willen. Auch weil vor einem Bann von Second-Hand-Kleidung erst einmal Alternativen geschaffen werden müssten – für Tausende Familien, die vom Kauf und Verkauf der Altkleider aus dem Ausland leben.

Quelle: ARD Rabat von Dunja Sadaqi vom 17.01.2022

Zwei Berichte ein Problem!

Müllhalde für Fast-Fashion

Berge von alter Kleidung liegen in der Atacama-Wüste in Chile. Bild: AFP

Die Atacama-Wüste in Chile ist vor allem bekannt, weil sich dort das Riesenteleskop ALMA befindet. Doch inzwischen kennen viele den Ort auch aus einem anderen Grund. Hier gibt es riesige Berge mit entsorgter Kleidung.

Es sind Dinge, die hier nicht hingehören: Zwischen den kargen Dünen der Atacama-Wüste türmen sich T-Shirts und Bermudas in allen Farben, sogar Weihnachts-Outfits und Schneestiefel sind darunter.

Sofia, eine venezolanische Migrantin, zieht eine Jacke aus dem Textilberg: „Ich bin mit meinen beiden Kindern und einem sehr großen Koffer gekommen, aber ich musste auf dem Weg durch Südamerika alles wegwerfen. Ich habe sogar die Decke verloren. Die Kälte nachts frisst uns auf, vor allem die Kinder, es ist schwer auszuhalten.“

59.000 Tonnen Kleidung pro Jahr

Die Kleidung, in der Sofia wühlt, ist Abfall. Chile ist seit langem eine Drehscheibe für gebrauchte und unverkaufte Textilien aus der ganzen Welt. In der Freihandelszone des Hafens von Iquique landen laut Recherchen der Nachrichtenagentur AFP jedes Jahr rund 59.000 Tonnen Kleidung. Was nicht in die Hauptstadt Santiago oder in Nachbarländer Südamerikas weiterverkauft wird, landet in der Wüste.

Chiles einzigartiger Desierto de Atacama wird zur Abfallhalde für Fast Fashion. Moyra Rojas, Regionalsekretärin des Umweltministeriums sagt: „Kein Zweifel, diese Mülldeponien und Textilabfälle sind ein großes Problem für die Umwelt. Sie verursachen oft Brände, das verschmutzt die Luft. Und das betrifft auch die Anwohner, denn die Deponien befinden sich ganz in der Nähe von besiedelten Gebieten.“

Zwei jungen Frauen auf der Suche nach noch brauchbaren Kleidungsstücken
in der Atacama-Wüste in Chile. Bild: AFP

So giftig wie Reifen

Die Textilien sind so giftig wie Plastik oder Reifen. Sie enthalten viele Schadstoffe, beispielsweise durch das Färben, Bleichen oder Bedrucken. Laut einer aktuellen Studie von Greenpeace setzt die Textilindustrie mehr als 70 gesundheits- und umweltgefährdende Chemikalien ein. Das enthaltene Polyester braucht bis zu 200 Jahre, um sich abzubauen, und selbst dann bleiben sogenannte Mikroplastik-Artikel übrig.

Recycling-Firmen – isolierte Initiativen

Auf den normalen Deponien wird diese Art von Sondermüll gar nicht angenommen, sagt Franklin Zepeda. Er hat ein Unternehmen gegründet, das die ausrangierte Kleidung weiterverarbeitet. „Die Textilabfälle entstehen durch den Import der gebrauchten Kleidung. In der Freihandelszone wird sortiert nach hochwertigen und sekundären Kleidungsstücken und Abfall. Das ging früher alles in die Wüste, wir verwenden es jetzt als Rohstoff für unsere Wärmedämmplatten.“

Auch die Gründerin des Unternehmens Ecocitex, Rosario Hevia aus Santiago, recycelt die verwitterten Textilien und stellt daraus Garn her. Doch es bleiben isolierte Initiativen im Kampf gegen ein weltweites Problem: die Überproduktion der Textilindustrie.

Zwischen 2000 und 2014 habe sich die weltweite Textilproduktion verdoppelt, das geht aus einem UN-Bericht von 2019 hervor. Mittlerweile ist die Branche für rund 20 Prozent des Wasserverbrauchs weltweit verantwortlich.

Es gibt zwar einige wenige Firmen, die die weggeworfene Kleidung weiter verarbeiten,
aber das reicht nicht, um das Problem in Chile zu lösen. Bild: AFP

„Weniger Unnötiges konsumieren“

„Viele Leute kritisieren uns und sagen: Warum verlangt ihr Geld fürs Recycling? Die Antwort ist: Wir müssen den Leuten klar machen, dass Textilabfälle Kosten verursachen und die Umwelt verschmutzen. Was man dagegen tun kann: Weniger Unnötiges konsumieren und Dinge länger tragen. Aber wir sehen ja: Kaum wurde irgendwo ein Lockdown aufgehoben, standen die Menschen Schlangen vor den Filialen von Zara, H&M und anderen Läden, die auf Fast Fashion ausgerichtet sind“, sagt Rosario Hevia.

Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace fordern mehr Druck auf die Textilbranche: „Es müsste die Pflicht zum fachgerechten Recycling bestehen. Die Menschen müssen umdenken“, sagt Unternehmerin Hevia, und ihr eigenes Konsumverhalten hinterfragen.

Quelle: ARD Rio de Janeiro von Anne Herrberg vom 26.11.2021

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