BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Skandal um Rückbau des KKU?

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Anonyme Quelle wirft beteiligten Firmen kriminelle Machenschaften vor – Brief an Minister Meyer

Kleinensiel. Dem Arbeitskreis Wesermarsch der regionalen Bürgerinitiativen Umweltschutz liegen anonym verfasste Mails vor, die schwere Vorwürfe gegen am Rückbau beteiligte Firmen beinhalten. Radioaktive Abfälle sollen falsch deklariert worden sein – absichtlich.

Die Luftaufnahme zeigt das 2018 vom Netz genommene Kernkraftwerk Unterweser. Im Zusammenhang mit dem Rückbau stehen nun schwere Vorwürfe im Raum. Foto: Wagner

Werden beim Rückbau des Kernkraftwerk Unterweser (KKU) in Kleinensiel radioaktive Abfälle unterschiedlicher Klassifizierung vermengt, vorsätzlich falsch deklariert und dann illegal entsorgt?

Anonyme, jedoch detaillierte und somit glaubhafte Hinweise auf solche missbräuchlichen, ja kriminellen Machenschaften hat der Arbeitskreis Wesermarsch der regionalen Bürgerinitiativen Umweltschutz erhalten.

Er hat deshalb in einem Offenen Brief den niedersächsischen Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Christian Meyer (Grüne), gebeten, „dies fachgerecht und neutral aufzuklären und bei Nachweis dafür zu sorgen, dass dies sofort abgestellt wird“.

Wie Sprecher Hans-Otto Meyer-Ott bei einem Pressegespräch berichtete, sind beim Arbeitskreis zwei E-Mails eingegangen. Sie enthalten „offensichtlich glaubhafte Informationen über missbräuchliche Behandlung von radioaktiven Rückbauabfällen“ im KKU. Der Informant habe ein Pseudonym verwendet und sei somit dem Arbeitskreis nicht bekannt. Das gelte auch für sein Verhältnis zu den Rückbauarbeiten im KKU, so Hans-Otto Meyer-Ott.

„Bekannt sind uns aber die vom Informanten beschuldigte, mit Rückbauarbeiten beauftragte Firma und die ebenfalls namentlich genannten verantwortlichen Personen, deren Namen wir jedoch nicht nennen wollen“, sagte der Sprecher. Seine Mitstreiter Karsten Langbehn, Gerold Hohlen und Anke Krein wiesen besonders darauf hin, dass laut E-Mails des Informanten der Betreiber des KKU, die Eon-Tochter Preussenelektra, keine Kenntnisse von den Vorfällen vor Ort habe.

Auch der TÜV, der im KKU am Ende der Freimessungskette agiere, werde in die Irre geführt. Seine Überprüfungen beschränke sich auf die ihm vorgelegten Dokumente samt Messwerten, so der Informant. Diese Information ist den Mitgliedern des Arbeitskreises neu, denn bisher waren sie davon ausgegangen, dass der TÜV einzelnen Verfahrensschritte zumindest stichprobenartig begleitet, wie ihnen während der Genehmigungsverfahren versichert worden war.

Die anonyme Quelle wirft der betroffenen Firma und deren benannten Verantwortlichen eine Reihe von erheblichen Verletzungen der Strahlenschutzverordnung vor. Abbruchmaterialien aus dem Kern des Kraftwerks seien so deklariert worden, als seien sie an anderer Stelle und nicht im sensiblen Bereich des Atommeilers abgebaut worden.

Es geht nicht um geringfügige Mengen, sondern um Tonnen

Durch die falsche Deklarierung der Reststoffnummer erfolge die ordnungsgemäße Analyse des Materials in der Freimessungskammer unter fehlerhaften Voraussetzungen. Dabei handle es sich nicht um geringfügige Mengen, sondern um Tonnen. Ähnliche Unregelmäßigkeiten seien auch im Umgang mit schwach und mittelradioaktiven Materialien zu beobachten.

Auf Nachfrage von Hans-Otto Meyer-Ott weist der Informant in seiner zweiten E-Mail darauf hin, dass die Situation sogar solche Ausmaße erreicht habe, dass der Versuch unternommen worden sei, die Rohre aus dem kontaminierten Primärkreislauf freizumessen, um sie auf einer Deponie zu veräußern. Dies sei glücklicherweise bislang unterbunden worden. Das KKU beherberge auf seinem Gelände eine Vielzahl von Containern, von denen niemand wisse, welchen Inhalt sie beherbergen. Auch das Verschwinden von Material sei keine Seltenheit.

Für die Mitglieder des Arbeitskreises sind die Darstellungen, weil detailliert geschildert, glaubhaft. Auch können sie sich vorstellen, dass kriminelle Energie aufgewendet wird, um Entsorgungskosten zu sparen und den Erlös zu erhöhen. Um die Sachlage zu klären, sei jetzt das Niedersächsische Umweltministerium gefordert. Das dürfe die Untersuchungen aber nicht selbst führen, sondern müsse damit eine neutrale Stelle beauftragen.

Offene Fragen auch in Sachen Endlagerung

Wenn die Informationen des oder der Unbekannten zutreffen, stelle sich die Frage nicht nur nach den Kontrollen der Rückbauarbeiten durch den Betreiber und den TÜV, sondern auch nach den Folgen für die Deponie in Käseburg. Dort werden freigemessene Rückbauabfälle aus dem KKU endgelagert.

Das Niedersächsische Umweltministerium hat keine Erkenntnisse, die die Vorwürfe erhärteten, will die Sache aber weiter intensiv verfolgen. Aufgrund eines anonymen Hinweises beschäftigen sich das Niedersächsische Umweltministerium und KKU-Betreiber Preussenelektra bereits seit April mit möglichen Verstößen im Umgang mit radioaktiven Reststoffen im Kernkraftwerk Unterweser. Bislang gibt es aber keine Erkenntnisse, die die Vorwürfe erhärteten, teilten das Ministerium und das Eon-Unternehmen auf Anfrage mit.

Ministeriumssprecher: Bislang keine Erkenntnisse

„Es wurden umfangreiche Prüfungen veranlasst. Auch die Staatsanwaltschaft wurde informiert und um Prüfung gebeten. Außerdem gab es eine unangekündigte aufsichtsrechtliche Kontrolle. Es haben sich aber bislang keine Erkenntnisse auf Verstöße erhärtet“, so Matthias Eichler, stellvertretender Pressesprecher des Ministeriums.

„Preussenelektra sagt, dass die Vorwürfe jeder Grundlage entbehren“, so Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung. „Unsere Prozesse stellen sicher, dass Rückbaumaterial sorgfältig getrennt und entsprechend behandelt wird. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die die erhobenen Vorwürfe stützen. Insofern gehen wir davon aus, dass es sich um eine gezielte Verleumdungskampagne handelt. Wir werden daher rechtliche Schritte gegen den Verfasser einleiten“, kündigte Knott an.

Quelle: Nordsee-Zeitung vom 18.08.2023 von Rudi Flor

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