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Karten helfen Erkrankten weiter

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Asbestose und Krebs: Anerkennung als Berufskrankheit oft schwierig – Einsatzstellen der Hafen- und Werftarbeiter aufgelistet

BREMERHAVEN/BREMEN. Nicht brennbar, isolierend, leicht zu verarbeiten: Jahrzehnte lang war Asbest so etwas wie der Wunder-Baustoff. Asbestzementplatten wurden millionenfach als Brandschutz und Isolation in Häusern und Schiffen verbaut, fast immer ohne Schutzmaßnahmen gegen den gefährlichen Staub. Heute leiden ehemalige Hafen- und Werftarbeiter unter chronischer Atemnot durch Asbestose oder an Krebs. Hafen-Karten können ihnen bei der Anerkennung helfen.

Solche Hafen-Karten zeigen, wo überall mit Asbest gearbeitet wurde. Sie sollen auch für Bremerhaven entstehen, um Hafen- und Werftarbeitern zu helfen. Sie müssen nachweisen, dass sie durch den Umgang mit Asbest erkrankt sind. Quelle AOK

Erich Slaba
Foto NZ

Erich Slaba (kleines Foto) hat es getroffen. Der 73-Jährige ehemalige Isolierer arbeitete während seines Berufslebens oft an Bord von Schiffen und atmete dort den tückischen Staub ein. „Jeder, der dort gearbeitet hat, hat auch was abgekriegt. Der Staub war einfach überall“, sagt der Rentner, der sich heute in der Asbestosegruppe im Verein Leben mit Krebs engagiert. Wegen seiner Krankheit bekommt er eine zusätzliche Rente sowie medizinische Hilfsmittel von der Berufsgenossenschaft.

Auf diese Hilfen können aber längst nicht alle ehemaligen Hafen- oder Werftarbeiter bauen, die durch Asbest krank wurden. Auf dem Weg zur so genannten Asbestose-Rente scheitern viele von ihnen schon früh an einer juristischen Hürde: Um ihre Krankheit als Berufskrankheit anerkannt und damit Leistungen von der Berufsgenossenschaft zu bekommen, müssen sie beweisen, dass die berufliche Arbeit mit Asbest Ursache ihres heutigen Leidens ist. Ein Nachweis, der nach mehreren Jahrzehnten für viele kaum mehr möglich ist. Das bestätigt Barbara Reuhl von der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Viele haben einfach keine Papiere darüber, wo sie überall während ihres Arbeitslebens eingesetzt waren. Und auch in vielen Firmen gibt es nach 30 oder 40 Jahren keine entsprechenden Unterlagen mehr“, sagt die Projektleiterin der Beratungsstelle für Berufserkrankte. Ihrer Auskunft nach haben von 2006 bis 2010 im Bundesland Bremen 2098 Personen einen Antrag auf Anerkennung einer durch Asbest bedingten Berufskrankheit gestellt, 1404 waren mit ihren Antrag erfolgreich.

Alles in allem schätzt die Arbeitnehmerkammer, dass mehr als 5000 ehemalige Beschäftigte bei den großen Werften im Bundesland Bremen oder deren Angehörige infolge berufsbedingten Kontakts mit Asbest an Asbestose oder Krebs leiden. Bei rund 1600 sei die Berufskrankheit nicht anerkannt worden.

Um den Betroffenen den oft schwierigen Nachweis zu erleichtern, hat die AOK Bremen/Bremerhaven ein Pilotprojekt gestartet, bei dem Daten über den Asbest-Umschlag in den Häfen gesammelt werden. Noch liegen fast ausschließlich Daten aus dem Hafen in der Stadt Bremen vor, der dortige Überseehafen war nach Auskunft der Arbeitnehmerkammer bis ins Jahr 1991 Deutschlands Hauptumschlagplatz für Asbest. Laut AOK-Sprecher Jörn Hons soll die Karte in Zukunft mit Daten aus Bremerhaven ergänzt werden.

Hons: „Mit der Karte möchten wir die Anerkennungsverfahren deutlich beschleunigen.“ In eineinhalbjähriger Recherchearbeit habe die Krankenkasse unter anderem alte Schiffsmeldungen aus der Presse, Schiffslisten und Museumsarchive durchforstet. Herausgekommen ist eine Übersicht, auf der zahlreiche Anlegestellen verzeichnet sind, an denen Hafenarbeiter Asbest umgeschlagen haben, oft als Stückgut in dünnen Säcken oder sogar als Schüttgut. Einzelne Punkte, zu denen Detailinformationen vorliegen, zum Beispiel Liegezeiten, erscheinen auf der virtuellen Karte grün. Anlegestellen, zu denen bisher noch keine weiteren Daten vorliegen, sind rot markiert. Voraussichtlich Ende des Jahres wird die AOK die virtuelle Hafenkarte ins Internet stellen.

Damit soll das Projekt aber nicht abgeschlossen sein. Bürger, die Informationen über Arbeiten mit Asbest aus der Vergangenheit haben, können diese telefonisch unter Telefon 0421/1761158 bei der AOK melden. Informationen und Hilfen bekommen Betroffene auch bei der Asbestose-Gruppe im Verein Leben mit Krebs. Die Gruppe trifft sich jeden dritten Dienstag im Monat um 15 Uhr in den Vereinsräumen, Kürfürstenstraße 4, also auch morgen.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 15.10.2012 von Oliver Brandt

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