BI Driftsethe

Bürger-Initiative gegen die Bauschuttdeponie in Driftsethe

Giftmüll füllt die Kassen der Mafia

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Die Camorra soll bei Neapel Millionen Tonnen giftigen Müll verbrannt haben

NEAPEL. Die Mafia, Italiens Multiunternehmer, verdient Milliarden nicht nur mit Drogenhandel, Schutzgelderpressungen oder durch illegale Geschäfte im Agrarsektor. Vor allem der Müll, und gerade der giftigste, füllt bereits seit Jahrzehnten die Kassen des organisierten Verbrechens.

Die Camorra soll in einem als „Feuerland“ verschrienen Gebiet bei Caserta unweit von Neapel Millionen Tonnen oft giftiger Industrieabfälle verbrannt haben. Von Arsen und Asbest ist die Rede, von Schwermetallen und Lösungsmitteln. Auch hoch im italienischen Norden graben Experten nach zubetoniertem Giftmüll.

Jetzt wird auch die Regierung in Rom aktiv, will bis zu 850 Soldaten sowie Helikopter einsetzen, um die Umwelt-Mafia zu bekämpfen. Die katholische Kirche läuft unterdessen Sturm gegen die „humanitäre Katastrophe“, die der Giftmüllskandal ausgelöst habe: Rund um Caserta sollen die Zahlen der Krebserkrankungen deutlich höher als im Schnitt des Landes liegen. Das schreie nach schnellem Handeln, nach Hilfe für die gebeutelten Bauern, nach Gesundheitskontrollen und einer raschen Beseitigung der lebensbedrohlichen Gifte im Boden und im Grundwasser.

Foto De Martino/dpa

Foto De Martino/dpa

Da ist es vergraben: Ein Polizist deutet auf eine mutmaßliche Giftmülldeponie in Casal Di Principe (Italien). Viele Millionen dürften kriminelle Familienclans mit der wilden Deponierung von Giftmüll gescheffelt haben. Das Militär soll jetzt in Kampanien gegen die Öko-Mafia vorgehen.

Als der Müll sich in Neapels Straßen häufte und zum Himmel stank, musste das Militär schon einmal anrücken und Ordnung in das Chaos in Kampanien bringen. Bis Ende dieses Jahres sollen Soldaten jetzt also in dem offenbar vom Casalesi-Clan verseuchten Gebiet als „Agenten der öffentlichen Sicherheit“ die Umwelt-Mafia im Auge behalten und bekämpfen. Wieder müsse man ein unermessliches Übel bekämpfen, schallt es aus Militärkreisen. Dort sieht man die Politiker als mitverantwortlich an, die wie manche Unternehmer von dieser „Entsorgung“ profitierten, wenn Giftmüll nachts vom Lastwagen abgeladen und einfach angezündet wird.

Apropos unermesslich: Alarmiert von den Aussagen „reuiger“ Mafiosi, die Angaben über Umweltverbrechen in der Region machten, haben Experten in einem aufgelassenen Tuffsteinbruch bei Maddaloni nahe Caserta mehr als 200.000 Tonnen Giftmüll entdeckt. Die toxischen Stoffe haben das Grundwasser erreicht, so dass die Bauern Schlimmstes befürchten. Phenol und Benzol strömen als Folge chemischer Reaktionen aus. Offensichtlich war es lange Zeit ein ganz brillantes Geschäft, Millionen für eine angeblich sichere Giftmüllentsorgung zu kassieren, das hoch gefährliche Material dann aber irgendwo wild abzuladen. Das gilt vor allem auch für die toxischen Abfälle vieler Krankenhäuser.

Beschlagnahmte Mafia-Millionen sollen nun dafür eingesetzt werden, Geschädigten im Gebiet rund um Caserta, etwa 40 Kilometer nördlich von Neapel, unter die Arme zu greifen. In Rom sagte die Regierung von Ministerpräsident Enrico Letta 75 Millionen Euro für Krebs-Kontrollen zu. Damit bekomme man auch endlich Zahlen zu den fatalen Folgen in die Hand.

Der Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano hatte das Umweltverbrechen schon vor Jahren in seinem Bestseller „Gomorrha“ angeprangert. Bis zu 20 Meter und tiefer wird in diesen Tagen in der Umgebung von Caserta gebuddelt, um Giftmüll zu beseitigen.

Die Mafia und der Müll
1989: Etwa in diesem Jahr beginnt die neapolitanische Camorra angeblich mit der illegalen Lagerung von Giftmüll in Süditalien.
1997: Das ehemalige Camorra-Mitglied Carmine Schiavone sagt vor einem Untersuchungsausschuss aus, seit Jahren würden Regionen in Süditalien mit „Millionen Tonnen“ Giftmüll aus ganz Europa verseucht, auch aus Deutschland. Die Abgeordneten halten die Informationen geheim, erst im Oktober 2013 wird das Protokoll veröffentlicht.
2006: Anti-Mafia-Autor Roberto Saviano beschreibt in seinem Bestseller „Gomorrha“ die Giftmüll-Machenschaften der organisierten Kriminalität.
November 2009: Staatssekretär Nicola Cosentino wird festgenommen. Dem Politiker aus der Camorra-Hochburg Casal di Principe bei Neapel wird die Verwicklung in illegale Giftmüllgeschäfte vorgeworfen. Eine Haftstrafe wird später nicht vollstreckt, weil der Abgeordnete der Berlusconi-Partei PDL Immunität als Parlamentarier genießt.

Quelle: NORDSEE-ZEITUNG vom 25.01.2014 von Hanns-Jochen Kaffsack

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