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Privatsache Wasser?

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EU-Pläne zur Ausschreibungspflicht der Versorger in der Kritik

EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier plant eine Ausschreibungspflicht für die Wasserversorgung bei Unternehmen, die bereits zum Teil privatisiert sind. Das soll Wettbewerb und Chancengleichheit zwischen den Unternehmen schaffen. Kritiker befürchten, dass Wasser zum Spekulationsobjekt werden könnte. Bremen plant indes, einen Teil des Netzes zurückzukaufen.

Foto Weserkurier

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Brüssel•Bremen. Drohen Verbrauchern Preisexplosionen oder Qualitätseinbußen durch zwangsweise Privatisierung bei der Trinkwasser-Versorgung? Seit Monaten laufen kommunale Verbände gegen Pläne der EU-Kommission zur Ausschreibungspflicht für Wasser-Lizenzen Sturm. Sie fürchten eine weitgehende Privatisierung der Versorgung, weil Großkonzerne wie RWE oder die britische Thames Water ein gutes Geschäft wittern und die Stadtwerke im Wettbewerb mit den Giganten das Nachsehen hätten. Der Markt ist lukrativ – er liegt EU-weit im dreistelligen Milliardenbereich.

„Wasser darf kein Spekulationsgut werden“, fordern daher die europäischen Gewerkschaften und verbreiten Unterschriftenlisten im Internet für ein europäisches Bürgerbegehren. Große Konzerne hätten wenig Interesse an Investitionen in Leitungsnetze, Qualität und Hygiene der Wasserversorgung. Sie wollten vor allem Profit machen. Daher wollten Kommunalverbände und Gewerkschaften die Wasserversorgung komplett aus der sogenannten Konzessionsrichtlinie ausnehmen.

Im Binnenmarktausschuss des Europaparlaments ist ein entsprechender Versuch deutscher Abgeordneter gescheitert. Allerdings wurde der Vorschlag der EU–Kommission abgeschwächt. Nun gilt: Betriebe, die zu 100 Prozent der Kommune gehören, bleiben unangetastet. Auch für bestehende Konzessionsverträge gelten die neuen Regeln nicht.

Teilprivatisierte Stadtwerke hingegen, die mehr als 20 Prozent ihres Wassergeschäfts außerhalb der eigenen Kommune erbringen, sollen künftig Dienstleistungen ab acht Millionen Euro europaweit ausschreiben. Nordrhein-Westfalen ist davon mehr als andere Bundesländer betroffen, weil Energiekonzerne häufig an den Wasser-Zulieferern beteiligt sind.

FDP-Europaparlamentarier Michael Theurer sieht „eine große Gefahr für die interkommunale Zusammenarbeit“. Denn kleine Kommunen könnten dadurch künftig verpflichtet sein, „europaweit auszuschreiben, statt ohne bürokratische Hürden mit dem Stadtwerk der Nachbargemeinde zusammenzuarbeiten“.

Eine Umgehung ist aber möglich. „Soweit Stadtwerke – etwa durch Umsätze in der Strom- oder Gassparte – Konzessionen auch in anderen Sparten ausschreiben müssen, kann durch Abspaltung der Wassersparte eine europaweite Ausschreibungspflicht verhindert werden“, sagt CSU-Experte Markus Ferber. Für diese Umorganisation sieht die Richtlinie nach dem im Binnenmarktausschuss angenommenen Kompromissvorschlag eine Übergangsfrist bis 2020 vor.

„Die Kommunen werden vor die Wahl gestellt: Entweder sie beugen sich dem europäischen Wettbewerb oder rekommunalisieren ihre Betriebe, oder sie strukturieren ihre Stadtwerke um. Das aber können sich viele Kommunen nicht leisten“, warnt die kommunalpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Sabine Verheyen. Der zuständige Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier sieht diese Gefahr nicht: „Der Richtlinienvorschlag beeinträchtigt in keiner Weise die Autonomie der Gebietskörperschaften bei der Organisation der Wasserversorgung“, sagte er gestern in Brüssel. „Er enthält keine Verpflichtung zur Vergabe dieser Leistungen am Markt.“ Es gehe darum, für den, der privatisieren wolle, klare Regeln zu schaffen.

Bremen hat die Trinkwasserversorgung bereits im Jahr 1999 privatisiert. Die EWE AG Oldenburg hält derzeit 100 Prozent am hiesigen Versorgungsunternehmen SWB, das Netze für Strom, Gas, Fernwärme und Wasser bereitstellt. Doch es gibt Pläne, rund ein Viertel des Netzes wieder in öffentliche Hand zu nehmen. „Wir wollen bei Investitionsentscheidungen wieder mitreden und auch an der Rendite teilhaben“, sagt SPD-Landeschef Andreas Bovenschulte. Er hält aber eine Partnerschaft mit der SWB für sinnvoll – denn nur das Privatunternehmen verfüge über notwendige Fachkenntnisse. Den Vorschlag der EU-Kommission lehnt Bovenschulte ab. „Das ist eine Hintertür, um flächendeckende Privatisierung voranzutreiben.“ Nach drei Jahrzehnten Privatisierungsideologie sei nun Zeit für eine Gegenbewegung. Ähnliche Entwicklungen gibt es in Hamburg und Berlin – die Wasserversorgung wurde dort ganz oder teilweise rekommunalisiert.

Quelle: Weser Kurier vom 06.02.2013 von Anja Ingenried und Andrea Tiedemann

Verband lehnt Netzverkauf ab

Kommunale Wasserversorger in Niedersachsen befürchten Preisanstiege und Qualitätseinbußen

Hannover. „Wir lehnen eine Privatisierung der Trinkwasserversorgung ab“, sagt der Geschäftsführer des Wasserverbandstages Hannover, Godehard Hennies. In dem Dachverband sind mehr als 1.000 kommunale Wasserversorger aus Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt organisiert.

Hennies befürchtet, dass bei einer Privatisierung die Preise für die Verbraucher ansteigen und dass sich die Leitungsnetze und damit einhergehend die Wasserqualität verschlechtert. Dabei scheut der Wasserverbandstag nach eigenem Bekunden nicht den Wettbewerb, wohl aber die Profitgier großer Konzerne. „Die Wasserversorgung gehört zur Daseinsvorsorge und nicht auf den freien Markt“, so Hennies.

Dabei geht es dem EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Michel Barnier, nicht um eine grundsätzliche Liberalisierung des Wassermarktes. Die Kommunen sollen auch künftig selbst entscheiden können, ob sie die Wasserversorgung selbst sicherstellen oder diese privatisieren. Im Falle einer Privatisierung aber besteht die geplante neue Richtlinie auf einer europaweiten Ausschreibung, ähnlich wie dies bereits bei Bauprojekten der Fall ist.

Für kleine kommunale Trinkwasserversorger wie dem Wasserversorgungsverband Wesermünde-Süd in Bramstedt (Kreis Cuxhaven) wird sich wohl nichts ändern, solange die Kommunen, die den Verband tragen, keine Privatisierung beschließen. Geschäftsführer Gerold Wittig sagt: „Eine Privatisierung bedeutet vor allem einen Verlust an Kundennähe.“ Derzeit versorgt der Verband 32 000 Menschen mit Trinkwasser, und wenn es nach Wittig geht, soll das auch so bleiben.

Quelle: Weser Kurier vom 06.02.2013 von Silke Looden

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